Das Russische Nationalballett Moskau macht dem Publikum in der Stadthalle mit dem fantastischen Kunstmärchen von E.T.A. Hoffmann und der Musik von Peter Tschaikowsky ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art.

Leonberg - In alten, abgelebten Zeiten, als auf dem Gabentisch unter dem Weihnachtsbaum noch eine Puppe und ein knallbunter hölzerner Nussknacker liegen, träumt die kleine Marie, dass ihr Spielzeug lebendig wird und mit ihr tanzt.

 

Der auberginefarbene Vorhang in der gut besuchten Stadthalle öffnet sich am Donnerstagabend: Es ist Weihnachtsbescherung im Hause des Medizinalrates Stahlbaum. Der prächtig geschmückte Weihnachtsbaum im Blauen Salon zieht alle Blicke auf sich, die eleganten, festlich gestimmten Gäste in edlem Biedermeier-Outfit treffen ein.

Endlich Bescherung!

In dieser romantischen Szenerie spielt Peter Tschaikowskys „Nussknacker“ nach dem fantastischen Kunstmärchen „Nussknacker und Mäusekönig“ (1816) von E.T.A. Hoffmann (Libretto: Marius Petipa). Die Gesellschaft findet sich zum festlichen Tanz ein, die von den Kindern lang ersehnte Bescherung beginnt endlich, und Marie und Fritz freuen sich über ihre Geschenke, darunter ein bunter Nussknacker: Und indem der Vater „den hölzernen Mantel hebt, sperrt das Männlein den Mund weit auf, Marie schiebt eine Nuss hinein und – knack – hat der Mann sie zerbissen, dass die Schalen abfallen“.

Als Marie mit roten Wangen und immer noch aufgeregt von der Bescherung schlafen geht, träumt sie, dass ihr Nussknacker zum Leben erweckt wird. Da tobt plötzlich eine ganze Mäusearmee (mit lustigen Mäusemasken!) über die Bühne, es kommt zu einer grotesken Schlacht – und der Nussknacker verwandelt sich plötzlich in einen schönen Prinzen. Im Zauberwald tanzen der Prinz und Marie gemeinsam mit den Schneeflocken, bis alles in wildem Schneegestöber endet.

Im Reich der Leckereien

Im zweiten Akt sind Marie und der Prinz im Königreich der Süßigkeiten (nein, die sind damals nicht verboten!). Wieder werden sie vom Mäusekönig und seiner bedrohlichen Schar attackiert, können sich aber in die Süßigkeitenburg retten, wo die Zuckerfee regiert und im Marzipanschloss gerade ein festlicher Ball im Gange ist. Gäste aus aller Herren Länder sind dort anwesend – Spanier, Chinesen, Orientalen und Russen – und führen ihre traditionellen Tänze für die neuen Gäste auf. Marie und ihr Prinz sind glücklich, ihr Pas de deux – Marie im schwanenweißen Tutu – bildet den Höhepunkt des Balls.

Aber: Es war nur ein Traum! Als Marie erwacht, steht der bunte Nussknacker immer noch unter dem Christbaum. Glücklich schließt sie ihn in die Arme – was sie geträumt hat, wird sie jedoch nie vergessen!

Eleganz und Leichtigkeit

Das Russische Nationalballett verzaubert das Publikum mit scheinbar müheloser Eleganz und schwebender Leichtigkeit. Man kann nur ahnen, wie viel eiserne Disziplin vonnöten ist, um so über die Bühne zu fliegen. Die Bewegungen des Nussknackers – erst steif und hölzern, dann immer lebendiger – zeigen tänzerische Ausdruckskraft und souveräne Körperbeherrschung. Das Publikum taucht in eine skurrile Märchenwelt: Spielzeug, das lebendig wird, Mäuse samt dominantem König (mit goldenem Krönchen), die über die Bühne wirbeln und sich samt Puppen und Spielzeugsoldaten eine groteske Schlacht – „das ging – puff, piff – schnetterdeng-schnetterdeng – bum-bum!“ liefern. Eine versponnene Szenerie, in der sich Wunderbares und Fantastisches durchdringen – und E.T.A.Hoffmanns Ironie durchblitzt.

Fantasievolle Bühnenbilder, graziös-anmutige Pirouetten, akrobatische Hebefiguren, im Spanischen Tanz ein Tänzer, der leidenschaftlich seinen roten Umhang wie ein Torero schwingt und im Russischen Tanz ein veritabler Kasatschok.

Der Vorhang zu – und keine Weihnachtswünsche mehr offen!