Die Polizei hat bei der Kontrolle an der Rastanlage Sindelfinger Wald einige Strafzettel verteilt: Überladene Campinggespanne sind im Visier der Ordnungshüter.

Leonberg - Einen Tag lang hat die Autobahnpolizei Ditzingen den Reisenden noch Tipps und gute Ratschläge gegeben, doch am nächsten Morgen wurde es ernst: Den ganzen Vormittag kontrollierten die Kollegen aus Stuttgart den Ferienverkehr an der Raststätte Sindelfinger Wald. Systematisch zogen die Beamten Wohnwagen aus dem Verkehr, die auf der A 8 Richtung München unterwegs waren. Besonders Familien wurden kontrolliert. Und das aus gutem Grund: Viele Fahrzeuge waren zum Teil gefährlich überladen.

 

Gleich am Morgen winken die Beamten den schwarzen Mittelklassewagen einer dänischen Familie auf den Parkplatz und lotsen den Fahrer heran, bis der angehängte Wohnwagen mit den Reifen auf den beiden metallenen Radlastwaagen steht. Es ist der erste Volltreffer: Rund 400 Kilogramm wiegt der Wohnwagen mehr als erlaubt. Für die Familie ist die Reise vorerst vorbei, jetzt müssen sie Gewicht loswerden. „Wenn wir sie so weiterfahren lassen und es passiert etwas, dann ziehen wir auf gut Deutsch den Kittel aus“, sagt Hauptkommissar Frank Bechtle. Durch das zu hohe Gewicht könnten die Reifen platzen oder das Gespann beim Lenken stark ins Schlingern geraten.

Glücklicherweise haben die Dänen einen vollen Wassertank, den sie leeren können. Einige Koffer, die schweren Hanteln des Sohns und 60 Flaschen Wein – Mitbringsel aus dem Urlaub in Frankreich – packen sie ins Zugfahrzeug. Nach einer halben Stunde ist das Gewicht ordnungsgemäß verteilt, die Familie darf wieder los.

„Natürlich wollen wir die Leute weiterfahren lassen. Aber die Sicherheit geht vor“, erklärt Bechtle. Die Beamten haben einen Ermessungsspielraum von einigen Kilos, in diesem Fall gibt es aber eine saftige Geldstrafe: 255 Euro müssen die Urlauber sofort bezahlen. Die Ironie an der Geschichte: eigentlich wollte die Familie über eine andere Autobahn direkt nach Hause fahren. Spontan entschieden sie sich, Stuttgart zu besichtigen und in Metzingen einkaufen zu gehen. Prompt wurden sie kontrolliert. Doch zumindest um die drei Punkte in Flensburg kommen die Dänen herum: „Die EU ist noch nicht völlig harmonisiert“, sagt Bechtle.

Wenig später stoppen die Polizisten ein älteres Ehepaar. „Senioren sind eigentlich nicht unsere Klientel“, scherzt

ein Beamter. Denn meist haben Familien mit Kindern den halben Hausrat dabei. Rose-Marie Bach und ihr Mann Ottmar aus dem Saarland sehen die Kontrolle locker. „Ich bin froh darüber. Es gibt mir ein gutes Gefühl und Sicherheit auf der Straße. Und außerdem haben wir ja keine Straftat begangen“, sagt die 75-Jährige. Während Rose-Marie Bach der zuständigen Beamtin vom Camping als dem „letzten Rest von Freiheit“ in unserer Gesellschaft vorschwärmt, schleppt ihr Ehemann kistenweise Getränke aus dem gemütlichen, mit zwei großen Betten, Blümchengardine und einem Fernseher ausgestatteten Wohnwagen und verstaut alles vorne im Auto. Dann dürfen sie weiterfahren. Es sei erstaunlich, wie wenig oft in Wohnwagen zugeladen werden dürfe, sagt Oberkommissar Roland Thiel. „Die Händler wollen ihr Zubehör verkaufen. Mittlerweile kann fast alles elektrisch bedient werden. Das bedeutet natürlich auch zusätzliches Gewicht.“ Deshalb rät er Urlaubern, den Anhänger im Zweifelsfall beim Tüv, der Dekra oder auf einer landwirtschaftlichen Waage zu überprüfen. „Unsere Kontrollen dienen der Sicherheit, sie haben keinen finanziellen Hintergrund“, versichert Bechtle. Vielleicht reagieren die Autofahrer auch deshalb meist entspannt auf die Beamten.

Spontan fallen dem Hauptkommissar Anekdoten aus dem Dienstalltag ein: Er berichtet von einem Vater, der seine Familie an der Raststätte stehen ließ, weil er davon ausging, sie befänden sich bereits im Wohnmobil. Vor allem Lastwagen seien ein Problem, die teuren Reifen würden oft „bis zur letzten Rille“ gefahren. Von den 40 000 Lkws, die täglich die Stuttgarter Gegend passieren, könne man mit einer Polizei-Mannschaft täglich nur acht bis zehn ganzheitlich kontrollieren. „Für die Unternehmen ist das leider ein kalkulierbares Risiko.“