Das christliche und das orthodoxe Ostern fallen zusammen. Viele Ausländer feiern das Fest in den Traditionen ihrer Heimat. Die Griechen treffen sich in der Blosenbergkirche. Die Italiener laden zur Karfreitagsprozession.

Leonberg/Renningen - Andere Länder – andere Sitten. In einer Stadt wie Leonberg, in der Menschen aus fast 150 Nationen leben, haben viele ausländische Mitbürger mit ihrer Religion auch Bräuche aus ihrer alten Heimat mitgebracht.

 

In diesem Jahr fällt das Osterfest der westlichen Kirche auf das gleiche Datum wie das der orthodoxen Kirchen. Auf dem Konzil von Nicäa im Jahre 325 wurde das Datum des Osterfestes auf den ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond festgelegt. „Wir in der orthodoxen Kirche warten aber auch das jüdische Pessachfest ab, sodass es manchmal vorkommt, dass wir Ostern eine oder drei Wochen nach der westlichen Kirche feiern“, sagt Pater Vassilios Melikides, der Pfarrer der griechisch-orthodoxen Gemeinde Leonbergs. Diese feiert ihre Gottesdienste in der evangelischen Blosenbergkirche – wie die syrisch-orthodoxe Gemeinde auch.

Der gesamte Glaube stützt sich auf die Auferstehung Christi

Ostern ist der Höhepunkt im griechisch-orthodoxen Kirchenjahr. „Der gesamte Glaube stützt sich auf die Auferstehung Christi, die auf die Auferstehung aller Menschen hindeutet“, erklärt Pater Melikides. „Jesus hat uns durch sein Opfer erlöst und freigekauft. Er ist zum Mensch geworden, um uns göttlich zu machen.“

Dem Ostersonntag geht in Griechenland die „Große Woche“ genannte Karwoche voran. Wer nicht streng 46 Tage lang auf Fleisch verzichtet hat, tut es zumindest in dieser Woche. Am Großen Donnerstag sammeln die Mädchen Blumen, um den Epitaphios zu schmücken, die Totenbahre Christi, die in der Kirche aufgestellt und in Prozessionen durch die Gemeinde getragen wird. Am Großen Freitag, dem Karfreitag, wird nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf Olivenöl verzichtet.

Am Großen Samstag empfängt der orthodoxe Patriarch in der Grabkapelle Jesu in Jerusalem das Heilige Feuer, das nach Athen geflogen und dann im ganzen Land verteilt wird. Kurz vor Mitternacht wird in den stillen dunklen Kirchen an dem Feuer die Osterkerze entzündet und als Botschaft von der Auferstehung Christi an die Gottesdienstbesucher weitergegeben. „Christos anesti“ (Christus ist auferstanden) heißt von nun an der Gruß. Der Ostersonntag ist ein Tag des Feierns mit Musik und Tanz. Dazu gehören rote Ostereier als Symbol für das Blut Jesu, am Spieß gegrillte Lämmer und Osterbrote. Eingeleitet wird der Tag mit der Ostersuppe „Magiritsa“ aus Lamminnereien und Kräutern.

Ein 50-tägiges Fasten leitet Ostern, das wichtigste Kirchenfest bei den syrisch-orthodoxen Christen ein. Es sind die 40 Tage, die Jesus fastend in der Wüste verbracht hat sowie die sieben Tage für die Karwoche zusammen, aufgerundet zu 50 Tagen. Am Karfreitag zur Todesstunde Jesu werden alle Lichter gelöscht, der Vorhang des Altarraums wird bis zur Mitte aufgezogen, sodass das Allerheiligste offensteht. Im Anschluss begießt der Pfarrer das Kreuz hinter dem Altar mit Essig und Myrrhe, wäscht es dann mit Rosenwasser, wickelt es mit Weihrauch in ein Leinentuch und legt es in einen sargähnlichen Behälter.

Es folgt erneut eine Prozession, bei der die schwarz gekleideten Gemeindemitglieder ihre Trauer zeigen. Am Ende der Zeremonie trinken die Gläubigen zum Gedenken an den Mischtrank, welcher Jesus bei seiner Kreuzigung gereicht wurde, vom sogenannten bitteren Wasser (Essig, Myrrhe und Rosenwasser). Am Karsamstag findet ein Bußgottesdienst statt, im Anschluss werden alle Kinder, die in der tauffreien Fastenzeit geboren wurden, getauft. Es ist überhaupt der wichtigste Tauftag im Jahr.

Der Ostergottesdienst beginnt am Vorabend des Ostersonntags. Zu Beginn der Messe geht der Pfarrer zum „Sarg“, in den das Kreuz am Karfreitag in Leinen gelegt wurde, holt es heraus, bindet ein rotes Tuch herum und verkündet: „Unser Herr und Gott Jesus Christus ist von den Toten auferstanden.“ Die Gemeinde antwortet: „Wir glauben und bekennen.“

Nach der Ostermesse wird das große Fasten mit Milchreis gebrochen, um den Magen nach langer Fastenzeit langsam einzugewöhnen. Es werden Süßigkeiten und bunt bemalte Ostereier verteilt. Das „Eierschlagen“, bei dem es darum geht, welches Ei die härtere Schale hat, erfreut sich großer Beliebtheit unter den Gläubigen.

Gefeiert wird drei Tage lang und die Gemeindemitglieder besuchen sich gegenseitig zu Hause.

Etwas ganz Besonderes bieten die Italiener in Leonberg. „Die Karfreitagsprozession mit dem lebendigen Kreuzweg ist ein öffentliches Bekenntnis des Todes und der Auferstehung Jesu Christi, ein Weg des Glaubens“, erläutert der Leonberger katholische Pfarrer Don Jean Bonane Bakindika, der die italienische Kirchengemeinde betreut. Das sei der Grund, warum die italienische Gemeinde vor vier Jahren angefangen habe, den Karfreitag anders zu gestalten. Nach der Liturgie im Edith-Stein-Haus zieht die Gemeinde um 16.30 Uhr in einer Prozession mit Jesus als Kreuzträger, eskortiert von Soldaten, durch die Straßen.

Beim Pasquetta fahren die Familien ins Grüne oder ans Meer

Wie sieht es in Italien selbst aus? „Da ist es nicht viel anders als hier, Ostern ist vor allem ein Familienfest“, erzählt Daniela Tortiello. Die gebürtige Italienerin lebt in Malmsheim und ist Mitglied im Renninger Partnerschaftskomitee. Sie weiß, wie die Menschen in Occhiobello, der Partnerstadt Renningens, Ostern feiern.

Der Freitag steht im Zeichen der kirchlichen Tradition. Messen werden abgehalten, in den Gassen finden Prozessionen statt. „Viele Menschen, meist die Frauen, tragen schwarz“, erklärt Tortiello. Der Ostermontag steht im Zeichen der Geselligkeit. Die Familie trifft sich zum „Pasquetta“, was so viel wie „kleines Ostern“ bedeutet. „Dann ist überall Stau, die Menschen fahren zum Picknick ins Grüne oder ans Meer“, erzählt Tortiello. „Das hat eine lange Tradition in Italien.“

Kulinarisch mögen es die Italiener eher klassisch. Typisch ist der „Colombo“, ein Hefekuchen in Form einer Taube ebenso wie der Lammbraten.

Die Eiersuche wie in Deutschland gibt es nicht. Stattdessen verschenkt man große Schokoladeneier, die meist bunt verziert werden. „Wer mag, kann vom Konditor ein Geschenk darin verstecken lassen“, erzählt Daniela Tortiello und weiß eine kleine Anekdote zu erzählen: Ein Mann wollte seiner Freundin einen Heiratsantrag machen, versteckte einen Verlobungsring im Schoko-Ei. Weil es aber die falsche Schokolade war, Zartbitter mag sie nicht, tauschte seine Zukünftige das Ei um – ohne zu wissen, was im Inneren steckte. Daniela Tortiello erinnert sich: „Da ging ein Aufruf durch die italienischen Fernsehnachrichten“, erzählt sie und lacht. Den Ring hat die Braut wieder. Und die richtige (Vollmilch-)Schokolade schmeckt auch.