Seit Freitag sind die Pferdemarkt-Keller wieder offen. Plötzlicher Schneefall hat den Gastwirten am Eröffnungsabend viele Besucher beschert. Und es wird über Brandschutz und Auflagen diskutiert.

Leonberg - Die weißen Flocken, die aus dem eben noch heiteren Abendhimmel fallen, verwandeln die historische Altstadt innerhalb weniger Minuten in einen Wintertraum. „Das sieht ja aus wie auf dem Weihnachtsmarkt“, ruft eine junge Frau, worauf sie und ihre Freundin die zugeschneite Hintere Straße hinunterschlittern, um schnell einen der Keller anzusteuern. Vor dem Abele-Keller hat sich bereits eine Gruppe Partygäste versammelt, um bibbernd auf den Einlass zu warten.

 

„Die Keller“, das sind die unterirdischen Kneipen in den Gewölbekellern der Altstadt, die nur während des Pferdemarktes geöffnet sind und in denen Gelegenheitswirte ihre Gäste vier Tage lang mit Essen, Trinken und vor allem lauter Musik versorgen. Neu eröffnet hat diesmal der Silberberg-Keller in der Marktstraße 30, in dem es allerdings etwas leiser und gediegener zugeht als anderswo. „Wir haben gedacht, wir probieren es einmal“, sagt der Besitzer des frisch renovierten Gewölbes, Joachim Wünning. Dass seine Wirtschaft gleich am ersten Tag so gut besucht würde, habe er allerdings nicht gedacht. „Das muss wohl am Wetter liegen, jeder will schnell ins Warme“, sagt er und eilt die schmale Treppe herunter, um seine Gäste mit Getränken zu versorgen.

„Wir haben hier bewusst keine laute Musik“, sagt er, als er wieder zum Vorschein kommt. „Unsere Gäste sitzen lieber an den Tischen und unterhalten sich.“ Die Jungen, die gingen eher dahin, wo es etwas lauter sei, sagt er. Noch im vorigen Jahr sei das unter anderem der Burkhardt-Keller gewesen. Der habe aber in diesem Jahr geschlossen. „Für die Jungen ist das schade“, sagt ein älterer Herr in der Warteschlange beim Eingang. Der Keller sei die Attraktion der Pferdemarkt-Szene gewesen.

Für passionierte Partygänger gibt es freilich Alternativen, etwa den Keller im Schwarzen Adler bei Inge und Hansi. Schon bei der Eingangstür stehen die Leute so dicht gedrängt, dass sich die Ankunft an der Getränkeausgabe nur durch eingezogene Bäuche und freundliche gemurmelte Entschuldigungen bewältigen lässt. „So voll ist es doch noch gar nicht“, sagt die Thekenchefin Inge Haußmann mit Erstaunen in der Stimme. Sie bewirtet den Keller im dritten Jahr und hat schon deutlich mehr Andrang erlebt. „Wir haben hier schon so viele Besucher gehabt, dass keiner mehr umfallen konnte.“ So ginge das jedes Mal bis tief in die Nacht. Wann sie schließen werde, könne sie deshalb nicht sagen. „Wir haben auf, so lange die Leute da sind.“ Vorschriften zu den Öffnungszeiten gebe es nicht, sagt sie. „In den vier Pferdemarkt-Tagen herrscht der Ausnahmezustand, da schimpft keiner.“ Andere Auflagen gebe es schon. „Wir mussten die elektrische Anlage überprüfen lassen“, sagt sie. Aber alles sei in Ordnung.

Indes sagt Hobbykoch Joachim Wünning, die Auflagen hätten ihre Pläne für die Speisekarte ein wenig auf den Kopf gestellt. „Wir wollten Parmaschinken und dazu eine schöne heiße Suppe servieren“, sagt Kellerwirtin Bettina Wünning. Kochen sei den beiden frisch gebackenen Gelegenheits-Gastronomen jedoch untersagt, aus Sicherheitsgründen. Die Wünnings nehmen es mit Humor, so wie ihre Gäste. „Es gibt Chili con Carne aus der Dose und Saitenwürstchen“, sagt einer der Besucher. „Egal, Hauptsache, die Stimmung passt.“

20 Uhr, Weinkabinett-Keller. So allmählich füllt sich die Location. An einem der wenigen Biertische geben sich Feuerwehrleute aus verschiedenen Leonberger Abteilungen ein Stelldichein. Noch hat das Personal Zeit für Smalltalk an der Bar. Das ändert sich schlagartig gegen neun Uhr. Hier kann keiner mehr umfallen. Und spätestens, als zum ersten Mal „Ai Se Eu Te Pego“ von Michel Telo durch die Boxen schallt, wird auch getanzt.

Allerdings schwingt auch ein wenig Zweifel mit. Einige Gäste fragen sich: „Wird es die Keller im kommenden Jahr wieder geben? Wie war das mit den Auflagen?“ Zum jetzigen Zeitpunkt kann das wohl noch niemand genau sagen.

Weiter geht’s zum Abele-Keller. Draußen schneit es ziemlich heftig. Das hält die Pferdemarkt-Besucher aber nicht davon ab, in einer langen Schlange vor dem Eingang des Kellers auszuharren. Drinnen bestätigt sich der Verdacht. Es ist voll. Die Leonberger Waldhexen bewirten den Keller nun bereits am zweiten Tag hintereinander. Und die Frauen und Männer rund um Hexenmeister Andreas Beisswenger verstehen es, mit ihren Gästen zu feiern. Das Technische Hilfswerk und auch die Feuerwehr lassen es sich nicht nehmen, mitzumachen. „Westerland“ und „Mexico“ bringen die Party weiter in Fahrt. Und draußen? Dort scheint die Schlange einfach nicht kleiner werden zu wollen.

Sozusagen den Auftakt hat die Leonberger Kreiszeitung mit ihrem LKZ-Keller für geladene Gäste gemacht. Wie berichtet ist reichlich Prominenz gekommen. Natürlich diskutiert man zu vorgerückter Stunde auch über die Brandschutz-Auflagen, die so manchen Keller in Existenznöte bringen würden. Eine städtische Runde an den Bierbänken kann sich nicht einigen: „Was passiert, wenn ein Spinner einen Feuerwerkskörper loslässt und Panik entsteht?“, fragen Achim Röckle oder Narrenpräsident Harald Lutz etwa. Heiner Eiss vom „Hirsch“ in Eltingen meint: „Dann könnte man alle Keller zumachen.“ Im März wird es dazu weitere Gespräche geben, gibt die städtische Pressesprecherin Undine Binder-Farr am Rande bekannt.