Die Agenda-Gruppe Radl feiert Geburtstag.

Leonberg - Es hat sich in 20 Jahren einiges getan. Aber es gibt immer noch genügend Schwachpunkte“, sagt Irmgard Meurer. Was sich anhört wie ein Fazit, ein Schlusswort – es ist tatsächlich die Eröffnungsrede der Radl-Sprecherin. Die Agenda-Gruppe feiert nämlich in diesem Jahr ihren 20. Geburtstag und hat zu einer Tour durch die Große Kreisstadt eingeladen.

 

Wie es sich gehört, wird die Strecke mit dem Rad gefahren. Um die eingeladenen Politiker, Verwaltungsmitarbeiter und Vertreter befreundeter Organisation am eigenen Leib spüren zu lassen, wo sich die Situation für die Radfahrer verbessert hat und wo es noch immer Probleme gibt.

Unzufrieden mit der Situation am Bahnhof

So geht es zunächst in die Römerstraße, wo es Radwege und Schutzstreifen gibt, wo aber auch in den nächsten Jahren eine Umgestaltung im Bereich Richtung Leo-Center ansteht. Halt gemacht wird aber erst am Bahnhof. Zu bemängeln gibt es hier einiges. Es gibt zu wenige Stellplätze für Räder, keine Schutzstreifen auf der Straße und die vier abschließbaren Fahrradboxen hat die Radl-Gruppe selbst finanziert. Auch das gerade neu eröffnete Parkhaus brachte keine Verbesserung: keine Radstellplätze und die Velos passen auch nicht in den Fahrstuhl.

„Dass wir im Parkhaus keine Stellplätze für Räder untergebracht haben, war keine Entscheidung gegen die Radfahrer sondern für die Wirtschaftlichkeit“, verteidigt sich sogleich der Erste Bürgermeister Ulrich Vonderheid, der mit seinem Dienst-Pedelec dabei ist. Ebenso Bürgermeister-Kollege Klaus Brenner, der auf einen Förderantrag zur Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes verweist. Auch ein eigenes Fahrradparkhaus, wie es etwa Rutesheim plant, könne man sich vorstellen. Dagegen loben die Radl-Aktivisten Initiativen wie die E-Bike-Ladestation am Brauhaus Sacher, die der Energiekreis der Lokalen Agenda mit eingerichtet hat.

Ein gescheitertes Pilotprojekt

Weiter geht es über einen der für Leonberg typischen steilen Anstiege in die Stohrerstraße, über die Hindenburgstraße und einen kleinen Schlenker über die Leonberger Straße zum Leo-Center. Hier gab es bis vor drei Jahren ein Pilotprojekt der Stadt und des Umweltministeriums, bei dem in der Leonberger Straße wechselseitig Schutzstreifen für Radfahrer eingerichtet wurden. Ein Misserfolg. „Das hat nur zu Verwirrung geführt“, sagt Irmgard Meurer. Auch Rückschläge gab es also in der noch jungen Radl-Historie.

Richtung Zukunft mit dem Rad

Am Neuköllner Platz vorbei und die Römerstraße Richtung Feuerwache entlang führt der Weg Richtung Zukunft. Hier soll im kommenden Jahr mit der Umgestaltung begonnen werden. Und dazu setzt die Verwaltung auch auf die Anregungen aus der Radl-Gruppe, die in ständigem Kontakt mit der für den Radverkehr zuständigen Verkehrsplanerin Eva Adam steht. So ist etwa die Frage zu klären, wie künftig auf beiden Seiten ein Radweg geführt werden kann und wo die Radler die Straße zum Leo-Center überqueren können – ohne Umwege und ohne sich dabei in Gefahr zu begeben. Denn genau dafür sei die Radl-Gruppe da.

Gemeinderat streicht Geld für neue Radwege

„Wichtig ist, dass es eine Struktur gibt, dass wir einen Zugang zur Verwaltung haben“, sagt Irmgard Meurer, die Sprecherin der Gruppe. Dies sei möglich, zum einen über die Lokale Agenda, aber auch über die Beteiligung von Radl an der Verkehrsschau und der Radwegekommission, die 2001 als beratender Ausschuss des Gemeinderates eingeführt wurde. Vieles entwickle sich jedoch zäh, kritisiert Meurer. „Als 2013 das Radwegekonzept einstimmig im Gemeinderat beschlossen wurde, da dachten wir: Jetzt haben wir es geschafft“, berichtet die Radl-Sprecherin. Doch es kam ganz anders. Bei den Haushaltsverhandlungen im vergangenen Jahr wurden die 50 000 Euro für Radwege vom Gemeinderat gestrichen. Das Geld war dafür gedacht, bestehende Radwege zu pflegen und neue anzulegen. „Jedes Jahr wird das wieder diskutiert“, kritisiert Irmgard Meurer. Dabei sei es gerade für eine Stadt wie Leonberg, die im Autoverkehr erstickt, besonders wichtig, gute Radwege anzubieten. Getreu dem Radl-Motto: „Wer Radwege sät, wird Radverkehr ernten.“

Ein Überblick über die Gruppen

Radl
: Die Abkürzung steht für „Radel aktiv durch Leonberg“. Die Gruppe wurde 1996 als gemeinsame Initiative der Leonberger Umweltgruppierungen BUND, ADFC und Nabu gegründet. Die Mitglieder erarbeiten konkrete Vorschläge zur Verbesserung der Situation für Radfahrer sowie zum Erhalt und Ausbau des Radwegenetzes. Darüber hinaus engagieren sie sich für nachhaltige Mobilität im Allgemeinen, bieten Touren an und betreiben Öffentlichkeitsarbeit.

Radwegekommission:
Sie ist ein beratender Ausschuss des Gemeinderates. Deshalb schickt jede Fraktion und Gruppe einen Vertreter. Dazu kommen zwei Vertreter von Radl sowie vom Ordnungs- und Planungsamt der Stadt. Auch die Bürgermeister Ulrich Vonderheid und Klaus Brenner sind Mitglieder, außerdem die geschäftsführende Schulleiterin von Leonberg, Heidrun Barth. Im Frühjahr haben die Fraktionen beantragt, den Ausschuss in eine „Kommission für nachhaltige Mobilität“ umzuwandeln.

Verkehrsschau:
Zwei Mal im Jahr werden verschiedene Punkte in der Stadt begutachtet, von anstehenden Bauprojekten bis hin zu Unfallschwerpunkten. Der Verkehrsschau gehören neben der Verwaltung Mitglieder unterschiedlicher Organisationen an. Hierzu zählen etwa das Landratsamt, die Polizei, die Straßenmeisterei, der ADAC und der ADFC.