Ex-Porsche-Chef Wendelin Wiedeking spendet 20 000 Euro für das Seehaus. Damit soll die Sanierung des historischen Gebäudes unterstützt werden. Es hilft aber auch den straffälligen Jugendlichen auf dem Weg zurück in ein selbstbestimmtes Leben.

Leonberg - Unsere Übergänge sind etwas holprig.“ Damit meint Tobias Merckle, der Leiter des Strafvollzugs in freien Formen im Leonberger Seehaus nicht etwa den Werdegang seiner Schützlinge. Vielmehr verweist er auf die unebenen Übergänge zwischen Asphaltstraße und Schotterwegen. Für den Porsche Cayenne, der herangefahren kommt, sind diese aber kein Problem.

 

Aus dem Wagen steigt Uwe Hück, der breitschultrige Betriebsratsvorsitzende von Porsche. Im Gepäck hat er einen Scheck über 20 000 Euro, den der frühere Porsche-Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking schließlich an Tobias Merckle übergibt. Das Geld stammt aus der Wiedeking-Stiftung und ist schon die zweite Gabe für das Seehaus. „Wir haben schon einmal 40 000 Euro überreicht, damit hier das Dach erneuert werden konnte“, berichtet Wiedeking, der 2008 zwei gemeinnützige Stiftungen ins Leben rief. Diese helfen vor allem bedürftigen Kindern und Jugendlichen. „Dass straffällig gewordene Jugendliche in die Gesellschaft zurückgeführt werden, halte ich für wichtig und unterstützenswert“, sagt der 61-Jährige.

Zustande gekommen ist der Kontakt über den Porsche-Betriebsrat Hück. „Ich war 2010 zum Tag der offenen Tür da und habe auch schon mit meinen Thaiboxen-Jungs hier trainiert“, erzählt der zweifache Europameister. Er zeigt auf den früheren Jagdsitz der Herzogenwitwe Sybilla von Anhalt, der 1609 vom herzoglichen Baumeister Heinrich Schickhardt erbaut wurde. „Hier steckt überall Wiedeking drin.“

Die jetzige Spende soll dabei helfen, den Ostflügel des Seehauses zu sanieren, damit hier Wohnungen sowie Seminar- und Besprechungszimmer eingerichtet werden können. Für solche Investitionen gibt es kein Geld vom Justizministerium, das nur für den laufenden Betrieb finanziell aufkommt.

Das historische Gebäude wiederherzustellen ist gar nicht so einfach. Das meiste machen die Seehaus-Jugendlichen selbst, unter der Anleitung ihrer Lehrmeister. Da werden morsche Balken ausgetauscht, Dachziegel angebracht oder eine Fußbodenheizung verlegt. Dazu kommen noch Auflagen des Denkmalschutzes. „Wenn ihr hier nichts machen würdet, dann geht das Ding kaputt. Vor drei, vier Jahren sah es katastrophal aus, das hätte man fast abreißen müssen“, erinnert sich Hück an seinen damaligen Besuch.

Wie ein Tag im Seehaus aussieht, das zeigen Tobias Merckle und Yilmaz, ein früherer Seehaus-Bewohner, anhand einer kleinen Präsentation. „Das Projekt ist nicht leicht“, sagt der 24-Jährige und erzählt von seinem Werdegang. Mit 18 kam er in Untersuchungshaft wegen eines bewaffneten Überfalls. Nach anderthalb Jahren im Gefängnis „habe ich gedacht, ich muss was mit meinem Leben machen“.

Eine Seehaus-Mitarbeiterin stellte dann das Projekt in seiner JVA vor. Yilmaz bewarb sich, durfte aber erst sechs Monate später nach Leonberg und verbrachte hier die restlichen 15 Monate seiner Strafe. Sein Werdegang ist eine Bilderbuch-Entwicklung, wenn man das für einen Seehaus-Jugendlichen so nennen kann. Yilmaz machte eine Ausbildung, hat heute eine Anstellung und kommt gern ins Seehaus zurück, um die Einrichtung zu unterstützen. „Wir müssen hier mehr leisten, als die Jugendlichen, die nicht in Haft sind. Denn wir haben diesen Stempel, dass wir im Gefängnis waren. Das müssen wir irgendwie wieder ausgleichen“, sagt der 24-Jährige.