Von August 2013 an hat jedes Kind zwischen ein und drei Jahren ­Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Während in fast allen Kommunen Kitas aus dem Boden gestampft werden, sind qualifizierte Tageseltern schwer zu finden.

Leonberg - Von August 2013 an hat jedes Kind zwischen ein und drei Jahren Anspruch auf einen Betreuungsplatz – egal ob im Kindergarten oder bei einer Tagesmutter. Während in fast allen Kommunen Kitas aus dem Boden gestampft werden, sind qualifizierte Tageseltern schwer zu finden. 6900 gibt es im Moment in Baden-Württemberg. 4000 zu wenig, um den Rechtsanspruch im nächsten Sommer erfüllen zu können. Auch in Leonberg wachsen die Sorgen.

 

„Uns fehlt Personal“, sagt Sabine Kuhn, die Vorsitzende des Tages- und Pflegemuttervereins Leonberg. Der Verein bildet die Kinderbetreuerinnen aus. „Derzeit arbeiten für uns 90 Frauen“, berichtet sie. Nur 65 waren es noch im Jahr 2011. Eine deutliche Steigerung, doch nicht genug. „Wir brauchen dringend motivierte Mitarbeiter, schließlich soll die Tagespflege von August 2013 an 20 Prozent des Rechtsanspruchs abdecken“, sagt die Vorsitzende.

Um mehr Frauen und Männer für die Kindertagespflege zu gewinnen, macht der Landesverband der Tagesmüttervereine kräftig Werbung. Im Leonberger Rathaus wurde zum Beispiel in dieser Woche eine Ausstellung zum Thema eröffnet, die noch bis zum 15. November zu sehen sein wird. „Wir wollen mit dieser Veranstaltung Menschen für die Tagespflege motivieren“, sagt Anton Gluitz vom Landesverband bei der Eröffnung. Der stellvertretende Verbandsvorsitzende weiß: Schlechte Bezahlung ist ein Grund, warum es so schwierig ist, geeignete Kandidaten zu gewinnen. Bis vor Kurzem bekamen die Tagesmütter noch 3,90 Euro pro Kind und Stunde. „Mittlerweile gibt es landesweit die Empfehlung vom Städtetag und anderen Gremien, dass für die Betreuung von Kleinkindern 5,50 Euro bezahlt werden sollen“, sagt Gluitz.

Von den 5,50 Euro bleibt kaum was übrig

„Geld ist eine wichtige Art der Wertschätzung“, betont die Tagesmutter Steffi Mohr aus Leonberg. Von den fünf Euro bleibe am Ende kaum etwas übrig. „Schäden an der Wohnung, Strom, Heizung und Wasser, all das müssen wir von diesem Geld bezahlen“, sagt sie und fügt hinzu: „Ein Sofa lebt einfach nicht so lange, wenn jeden Tag eine Horde Kinder darauf herum tollt.“

Während des Abends der Ausstellungseröffnung ist eine Befürchtung ständiges Thema unter den Besuchern im Rathausfoyer: Angeblich ist der Betreuungsbedarf für die unter Dreijährigen in Leonberg deutlich höher, als gedacht. Etwa 70 Plätze sollen fehlen, selbst wenn die vier neuen Kindertagesstätten im Dezember 2013 planmäßig in Betrieb gehen. Wie sieht die Stadtverwaltung das Problem?

„Mit den neuen Kitas bieten wir Platz für rund ein Drittel aller Kleinkinder“, sagt Undine Binder-Farr, die Pressesprecherin der Stadt, auf Anfrage unserer Zeitung, „das kann ausreichen, muss es aber nicht.“ Die Kommunen sind in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite müssen sie Millionenbeträge für den Bau neuer Einrichtungen in die Hand nehmen. Auf der anderen Seite drohen ihnen Klagen von Eltern, die trotz des Rechtsanspruchs möglicherweise abgewiesen werden müssen.

Es gibt keinen Plan B in Leonberg

Die Stadt geht jedoch davon aus, dass im Januar ausreichend Plätze zur Verfügung stehen werden. „Wir denken, dass etwa 33 Prozent den Anspruch wahrnehmen werden. Das können wir auch erfüllen“, sagt Binder-Farr. Doch was wenn die Betreuungsquote unerwartet steigt? „Wir werden kreative Lösungen finden“, sagt die Sprecherin, „denn wir werden so schnell keine großen neuen Tagesstätten bauen können.“ Leonberg ist keine Ausnahme. „Es wird überall sehr schwer, den Rechtsanspruch zu erfüllen“, ist Anton Gluitz sicher. Aus seiner Sicht herrscht bei Erzieherinnen wie bei Tagesmüttern ein akuter Fachkräftemangel: „Wir werden es bei allen Anstrengungen kaum schaffen, bis zum Sommer 4000 Tageseltern zu gewinnen.“