Vom 1. Januar an gibt es in Leonberg und Renningen das Stadtticket.

Leonberg/Renningen - Bis zur Gemeinderatssitzung am Dienstag hatte sich die CDU Bedenkzeit ausgebeten, ob sie einem Stadtticket zustimmt. Denn die Union hatte einen kostenlosen öffentlichen Nahverkehr innerhalb der Stadtgrenzen von Leonberg beantragen wollen. Eine Idee, die auch andere Gruppen im Rat, wie etwa die SALZ, unterstützten. „Das wären Millionenbeträge. Ich weiß nicht, ob der VVS das mitmacht. Am Ende würde man Leonberg wohl aus dem Verbund herausnehmen müssen“, hatte der Tarifexperte Martin Schuck vom Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart (VVS) noch im Planungsausschuss eine Woche zuvor erläutert.

 

Kostenlos fürs Klima?

So lobte die CDU-Fraktionsvorsitzende Elke Staubach im Gemeinderat dann zwar die VVS-Tarifreform vom 1. April. „Wenn man klimatechnisch etwas bewegen will, sollte man den Nahverkehr ganz kostenlos machen.“ Oberbürgermeister Martin Cohn sah dies als wichtiges Unterfangen, das jedoch mit einer Menge Probleme verbunden sei. Er verwies auf einen Versuch von Tübingen, der aber in einem Fahrplanchaos und Überlastungen in Stoßzeiten gemündet sei. So mutig war die CDU am Ende doch nicht. Es gab keinen solchen Antrag, der Rat votierte am Ende für das Stadtticket bei einer Gegenstimme.

Vom 1. Januar an können die Leonberger nun von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr des Folgetages für nur drei Euro quer durch die Stadt fahren. Dafür muss die Stadt wohl 155 000 Euro pro Jahr zuschießen, da dem VVS durch das Stadtticket Einnahmen entgehen.

Einen Euro oder doch drei Euro?

Zufrieden sind damit nicht alle. Etwa die SPD, die im Kommunalwahlkampf für Ein-Euro-Tickets für Einzelfahrten in der Stadt geworben hatte. „Ich denke nicht, dass das Drei-Euro-Ticket viele Leute dazu animiert, das Auto in der Garage zu lassen“, meinte Ottmar Pfitzenmaier (SPD). Viele Gemeinderäte störten sich auch daran, dass die Stadttickets überall drei Euro kosten, egal wie groß die Kommune am Ende ist. Ein Ludwigsburger habe somit viel mehr davon. „Ich glaube nicht, dass es ein großer Wurf ist. Wir werden sehen, ob es am Ende nur Mitnahmeeffekte gibt von VVS-Kunden oder tatsächlich Leute vom Auto auf Bus und Bahn umsteigen“, sagte Axel Röckle (Freie Wähler). In Ludwigsburg, wo das Projekt Stadtticket bereits seit vergangenem August läuft, sei das Ergebnis etwa 50:50, berichtete Martin Schuck vom VVS.

VVS ist an Abo-Kunden interessiert

An dieser Stelle zeigte sich auch, wie unterschiedlich die Ziele von VVS und Kommunen sind. „Wir wollen die Menschen vom Auto in Bus und Bahn bekommen“, lautete das Ziel der Gemeinderäte. Beim VVS ist man eher daran interessiert, Gelegenheitsnutzer für eine Monats- oder Jahreskarte zu gewinnen.

„Wir haben jetzt die Chance, Leute von der Straße zu kriegen“, sagte Frank Albrecht (SALZ), der die Stadt aufforderte, Haushaltsanträge zur Mobilität, etwa dem Einsatz von Elektrobussen, auch endlich umzusetzen. „Ich befürchte, das Stadtticket wird dazu führen, dass sich die Stadt zurücklehnt.“ Dem widersprach Cohn: „Wir werden ihre Anträge als Bausteine im Mobilitätskonzept aufnehmen.“

Mehr Qualität im Busverkehr

Cordula Ahlborn (SALZ) erwartet keine Verbesserungen durchs Stadtticket. „Die erreicht man nur, wenn man es den Leuten einfacher macht“, sagte sie mit Blick auf bessere Information der Fahrgäste. „Wenn wir bereit sind, Geld reinzustecken, dann in die Linien, die ohnehin schon von den Stadtwerken betrieben werden, um den Stadtverkehr attraktiver zu machen“, sagte Sebastian Werbke (Grüne). Das heiße mehr Linien und dichtere Fahrtakte. Ottmar Pfitzenmaier fügte dem noch die Punkte Pünktlichkeit und attraktive Linienführung hinzu. „Daran werden wir weiterarbeiten“, versprach der OB.

Renningen: Kein Kurzstreckentarif möglich

Auch in Renningen soll das Busfahren bald günstiger werden. Der Gemeinderat hat einstimmig die Einführung eines Stadttickets beschlossen, nach dem Vorbild von Ludwigsburg und Esslingen. Dieses Stadtticket – ein Tagesticket gültig für das gesamte Stadtgebiet – wird drei Euro kosten statt vormals 5,20 Euro und würde sich schon bei einer einfachen Hin- und Rückfahrt lohnen.

Denn es ist deutlich günstiger als zwei normale Einzeltickets (zweimal 2,50 Euro), die Preisermäßigung liegt bei 40 Prozent. „Vielleicht bewegt das den einen oder anderen vielleicht doch zum Umsteigen auf die Öffentlichen“, hofft Marcello Lallo, Leiter des Fachbereichs Bürger und Recht im Rathaus. Parallel zum Einzel- wird auch das Gruppentagesticket günstiger. Es wird statt 10,40 nur noch sechs Euro kosten. Das Angebot wird zunächst drei Jahre gelten. „Danach werden wir sehen, wie es sich bewährt hat.“

Gleicher Tarif wie in Ludwigsburg

Damit gilt in Renningen der gleiche Tarif wie im doch deutlich größeren Ludwigsburg. Das liegt daran, dass es beim VVS verbindliche Gremienbeschlüsse gibt, „wonach neu einzuführende Stadttickets nur zu diesen Konditionen angeboten werden können“, mit dem Ziel einer Einheitlichkeit im VVS-Gebiet, wie die Stadtverwaltung erklärt. Aus diesem Grund sei es auch nicht möglich, einen Kurzstreckentarif für die ganze Stadt einzurichten.

Das nämlich hatte ein Bürger der Stadtverwaltung vorgeschlagen. Eine solche Regelung gibt es in Marbach. Das heißt, das Tagesticket kostet dort nur 1,40 Euro. Diese Regelung existiert allerdings schon einige Jahre und läuft nächstes Jahr aus, berichtet eine Sprecherin des VVS. Danach wird es überall nur noch das einheitliche Stadtticket für drei Euro geben.

25 000 Euro zahlt die Stadt dafür

Die Kosten für die Stadt sind überschaubar, sie soll einen jährlichen Zuschuss von 25 000 Euro bezahlen. Für die Berechnung hat der VVS Daten aus einer Stadt mit einer ähnlichen Größe herangezogen, da es für die neue Buslinie 637 in Renningen noch keine verwertbaren Zahlen gibt. Die Einführung des Tickets ist für den 1. Januar 2020 vorgesehen.

Info: Hier gilt überall das Stadtticket

Pilotprojekte
Mit dem Stadtticket kann bereits in Ludwigsburg (1. August 2018), Herrenberg (1. Januar 2019) und Esslingen (1. April 2019) gefahren werden. Weitere 13 Städte folgen zum 1. Januar 2020. Dazu gehören: Böblingen/Sindelfingen (ein Gebiet), Leonberg, Renningen (Kreis Böblingen), Ditzingen, Kornwestheim, Marbach, Tamm, Asperg, Remseck (Kreis Ludwigsburg), Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Plochingen, Kirchheim/Teck und Reichenbach an der Fils (Kreis Esslingen) sowie Kernen im Remstal. Diese Projekte sind auf zwei Jahre befristet.

Gültigkeit Das Stadtticket gilt für alle Haltestellen innerhalb der gleichen Gemarkung (inklusive Teilorte). Für Leonberg zählen dazu beispielsweise auch die Haltestellen Rappenhof und Glemseck. Wo die S-Bahn verkehrt, kann das Ticket auch da genutzt werden, so auch in Leonberg und Renningen, beispielsweise vom Bahnhof Höfingen zum Bahnhof Rutesheim (Silberberg).

Kosten Die Tagestickets (7 Uhr bis 7 Uhr) kosten drei Euro in allen Städten. Gruppen-Tagestickets (bis zu fünf Personen) kosten sechs Euro. In Marbach gilt noch für 2020 ein Einzelticket für 1,40 Euro statt 2,50 Euro, dass drei Stunden gültig ist und Umsteigen oder Fahrtunterbrechungen erlaubt. In Herrenberg gilt auch ein Monatsticket für 47,60 Euro.