Bei heißem Klima fühlt sich der Schädling besonders wohl. Doch der Förster Ulrich Greß bleibt gelassen.

Leonberg - Während die meisten Leute sich im Sommer die Hitze herbeisehnen und bei Temperaturen über 25 Grad im Freibad liegen, freut sich Stadtförster Ulrich Greß über kühleres Wetter. Bei heißem und trockenem Klima fühlt sich nämlich einer ganz besonders wohl: der Borkenkäfer. Das von Förstern gefürchtete Insekt überlebt im Winter selbst bei Minusgraden und bohrt sich sobald es wärmer wird in die Baumrinde der Fichten.

 

„Das trockene Frühjahr in diesem Jahr war problematisch“, meint Ulrich Greß. Seit fast 24 Jahren ist er als Förster bei der Stadt Leonberg tätig und hat schon einige Male mit dem lästigen Widersacher zu kämpfen gehabt. „Wenn es im Frühjahr kalt und feucht ist, dann schwächt das den Borkenkäfer und er kommt nicht so gut voran.“ Über solche Frühlingsmonate sei Ulrich Greß immer sehr glücklich, sagt die Stadtsprecherin Undine Thiel.

„Der freut sich, wenn es regnet“

„Der Herr Greß ist da ganz anders als wir: Der freut sich, wenn es regnet und die Sonne nicht scheint“, sagt sie und lacht. Da stimmt der erfahrene Förster nur bedingt zu. Obwohl jeder Tropfen Wasser den Bäumen gut tue und sie sich in gesundem Zustand viel eher gegen den Schädling wehren könnten, sei der Regen teilweise auch problematisch. „Zurzeit sind wir im Wald unterwegs und prüfen, wie groß die Schäden sind“, erzählt Greß. Anhand von so genanntem Bohrmehl, das der Käfer hinterlasse, erkenne man, ob ein Baum befallen sei. Bei Regen werde das Mehl weggespült und kranke Bäume könnten nicht sofort ausfindig gemacht werden. „Wenn wir einen betroffenen Baum frühzeitig fällen und die Brut des Borkenkäfers kahl legen, dann können wir den Schaden ganz gut eingrenzen“, erklärt Greß. Dieses Vorgehen nennt er „Integrierten Pflanzenschutz“.

Obwohl schon jetzt einige Bäume im Leonberger Wald betroffen sind, kann er noch keine Auskunft über das genaue Ausmaß der Zerstörung geben. „Der Sommer ist noch lange nicht vorbei. Erst Mitte September können wir abschätzen, wie wir aus der Situation rausgehen.“

Regelmäßige Kontrolle

Da Leonberg jedoch nur wenige Monokulturen besitze, und aus diesem Grund von einem bunten Mischwald die Rede sei, machen er und Undine Thiel sich keine Sorgen, dass ein flächendeckender Schaden entstehen könnte. Nur zehn Prozent des Bestandes seien Fichte. Andere Regionen wie der Schwarzwald hätten hier weitaus größere Probleme. „Wenn man aktiv an die Sache rangeht, dann kriegt man das eigentlich ganz gut hin“, sagt die Pressesprecherin. Gerade jetzt im Sommer wäre auch genug Zeit vorhanden, die Wälder regelmäßig zu kontrollieren.

Würden betroffene Bäume rechtzeitig erkannt und gefällt, so gelte das Holz für die Sägewerkindustrie als fast vollwertig. „Natürlich bekommt man dafür nicht den ganzen Preis“, sagt Ulrich Greß. „Aber ich sage es mal so: Es ist kein Totalschaden.“

Probleme nach „Wiebke“ und „Roland“

Die beiden sehen das Thema bis jetzt noch relativ gelassen: „Es ist ja auch nichts Neues, dass wir Probleme mit dem Borkenkäfer haben“, meint Greß. So sei der Befall nach dem Orkan „Wiebke“ im Jahr 1990 oder „Lothar“ neun Jahre später verheerend gewesen. Durch die geschwächten Bäume und das nicht geräumte Sturmholz boten sich damals die optimalen Brutbedingungen für den Schädling. „Wir hatten also schon schlimmere und aber auch bessere Jahre“, schließt er. Der Borkenkäfer gehöre eben einfach zu diesem Ökosystem. Aus diesem Grund brauche man sich nicht wundern, wenn der Borkenkäfer jedes Jahr aufs Neue ein großes Thema sei. „Das ist schließlich ein ständig wiederkehrendes Phänomen“, betont Greß. Wichtig sei eigentlich nur, dass man richtig mit der Situation umgehe und vorsorglich lieber einen Baum zu viel fälle als einen zu wenig.