Für das Leonberg von morgen haben die Bürger viele Wünsche. Dabei spielen Aufenthaltsqualität und viel Grün eine große Rolle. Ein Workshop ist nur der Anfang.

Die meisten brennenden Wünsche sind bekannt: breitere Fahrradwege auf den Hauptverkehrsachsen, das Zusammenwachsen der Altstadt und der neuen Stadtmitte durch Grünanlagen und Gastronomie, außerdem attraktive Orte für Begegnungen. Diese Themen standen bei den Teilnehmern eines Workshops zur Zukunft des Leonberger Zentrums ganz oben.

 

Bei dieser Bürgerbeteiligung, wie sie amtlich genannt wird, sollten die Menschen das sagen, was sie sich unter einer „Stadt für morgen“ konkret vorstellen. Unter dieser Überschrift firmiert ein Projekt, das Oberbürgermeister Martin Georg Cohn (SPD) ins Leben gerufen hat, damit aus einer autogerechten Stadt, die in den 70er Jahren entstanden ist, ein Ort mit Aufenthalts- und Lebensqualität entsteht; ein Bereich, in dem der motorisierte Verkehr nicht die zentrale Rolle spielt, aber auch nicht verbannt wird.

„Heute ist der Tag, an dem wir alle frei denken, unsere Wünsche und Ideen festhalten“, meinte Stephan Kerner, der Leiter des städtischen Referats für innovative Mobilität zum Auftakt des Workshops in der Stadthalle. „Ob wir diese Möglichkeiten tatsächlich realisieren können, kann Ihnen heute noch keiner sagen.“ Doch das sei im Moment noch gar nicht das Ziel. „Ihre Ideen helfen uns, die Wünsche der Bürgerschaft zu erkennen. Diese dann in umsetzbare Planungen zu überführen, wird der nächste Schritt.“

Im Heißluftballon über die Stadt

Zu Beginn wurde das Augenmerk auf die Stärken der Stadt gelegt: Wo steht Leonberg heute? Welche Probleme muss die Stadt in den nächsten Jahren bewältigen? Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer schrieben ihre Gedanken auf gelbe Zettel, die auf großen Plakaten an der Wand der Stadthalle geklebt wurden. „Jetzt gehen Sie einmal in sich, fliegen gedanklich mit einem Heißluftballon über Leonberg und stellen sich die Stadt der Zukunft vor“, ermunterte Andreas von Zadow die rund 70 Leute, die zur Zukunftswerkstatt gekommen waren.

Busspuren kein großes Thema

Der Kommunikationswissenschaftler aus Potsdam ist von der Stadt Leonberg beauftragt, den Bürgerbeteiligungsprozess zu begleiten. Die Visionen der Teilnehmer ließen nicht lange auf sich warten: Mehr Orte für Kultur und Lebensqualität sowie sichere Radwege kamen immer wieder vor. Sonderspuren für Busse waren zumindest an diesem Tag kein großes Thema.

An sogenannten Planungstischen ging es ins Detail. In kleinen Gruppen wurden verschiedene Schwerpunkte gelegt, darunter etwa: Mobilitätsvision Leonberg, Zusammenwachsen der Innenstadtzentren, Wirtschaft und Einzelhandel, Zukunft der breiten Verkehrsschneisen sowie Stadtplätze und Stadtgrün. Die Ergebnisse werden nun im Verkehrsreferat ausgewertet.

Wie eine Umgestaltung von Innenstädten funktionieren kann, das wurde am Vorabend anhand von externen Beispielen deutlich. Rolf Messerschmidt, ein Architekt und Stadtplaner aus Tübingen, referierte über Mobilität und die integrierte Stadtraumgestaltung. Der Stadtplaner stellte die Entwicklungen vor, die bis 2030 zu erwarten sind. „Jeder zweite Weg soll aktiv zu Fuß oder mit dem Rad stattfinden“, sagte er. Dafür müssten sichere Räume geschaffen werden. Über Begrünungen und Wasserelemente könne man das Stadtklima positiv beeinflussen, Versickerungselemente sorgten dafür, dass die Stadt Starkregen bewältigen kann. Ähnliche Vorschläge hatten andere Planer schon für die Eltinger Straße gemacht.

Messerschmidt betonte das Zusammenspiel zwischen Architektur und öffentlichem Raum. Ein gutes Beispiel dafür sei der Neubau des Leonberger Bosch-Entwicklungszentrums, das große Auswirkungen auf die Gestaltung der Poststraße hat. Wichtig sei, dass die Innenstadt während der Baustellen durchgehend erreichbar sein müsse.

Geschäfte müssen erreichbar bleiben

Ein Jahr planen, zwei Jahre bauen – das war der Zeitrahmen eines Projekts in Bielefeld, das der stellvertretende Chef des dortigen Verkehrsamtes, Dirk Vahson, vorstellte: „Unsere Intention war, noch mehr Verkehr aus dem Innenstadtbereich zu verlagern“. Die „Mobilitätsstrategie Bielefeld 2030“ sah am zentralen Jahnplatz mehr Raum für alle Verkehrsteilnehmer vor – mit einer „klugen Busverknüpfung“ und einem schönen Aufenthaltsort.

Bielefeld und Gmünd machen es vor

In einzelnen Abschnitten wurde gebaut, sodass die Geschäfte am Platz jederzeit zugänglich waren. Die Bushaltestellendächer wurden begrünt, Radler und Fußgänger bekamen mehr Raum, optisch wurde der Platz über Beleuchtungsakzente und ein hochwertiges Pflaster aufgewertet.

Stammtische für die Bürger

Die Landesgartenschau 2014 und die Remstalgartenschau vor drei Jahren waren in Schwäbisch Gmünd der Anlass für grundlegende Änderungen. Auch hier ging es um eine „lebenswerte Innenstadt“, berichtete der Gmünder Baubürgermeister Julius Mihm. Dafür wurden die Alt- und die Weststadt „gestalterisch und funktional vernäht“,

In der Innenstadt und am Bahnhof sorgt eine neue Straßenführung mit Kreiseln und einer grünen Mittelinsel dafür, dass der Verkehr gleichmäßiger fließt. In Schwäbisch Gmünd wurden die Bürger mit wöchentlichen Stammtischen eingebunden.

Am 15. November geht es weiter

In Leonberg stehen all diese Prozesse noch am Anfang. Das Team um Stephan Kerner und Andreas von Zadow sichtet zunächst die vielen Ideen aus dem Workshop.

Erste Ergebnisse, wie es konkret zwischen dem Marktplatz und dem Neuköllner Platz weitgehen kann, werden bei einer öffentlichen Veranstaltung am Dienstag, 15. November, in der Stadthalle präsentiert.