Bei der Europameisterschaft ist nicht nur Fuß-, sondern auch Handarbeit gefragt. Die Bewohner des Seniorenzentrums am Parksee haben die Flaggen aller 24 EM-Teilnehmer als Schals gestrickt und lassen die Aktion zur WM 2014 damit wieder auferstehen.

Leonberg - Hundert Gramm Wolle – mehr braucht es nicht für den Fußball-Schal. Doris Puhle hat es genau ausgerechnet. „Damit am Ende auch alle gleich lang sind“, sagt die Betreuungsassistentin im Seniorenzentrum am Parksee. Dort unterhält sie eine Handarbeitsgruppe. Und die hat sich mit Eifer in ein EM-Projekt gestürzt: die Flaggen der 24 Teilnehmer-Länder als Schals zu stricken.

 

Zu bewundern sind sie nun im zweiten Stock des Seniorenheims, wo sie mittlerweile zwei Wände zieren. Denn bereits zur Fußball-Weltmeisterschaft 2014 hatten die Bewohnerinnen fleißig Flaggen strickt. So hängen neben Japan künftig Wales, Schweden, Nordirland, Österreich, Albanien, Ungarn, Island und die Slowakei. „Albanien und Wales haben mich schon viele Nerven gekostet“, berichtet Doris Puhle.

Nicht, weil etwa der rote Hintergrund von Albanien so schwierig zu stricken gewesen wäre. Vielmehr der zweiköpfige albanische Adler oder der walisische Drache haben die Betreuungsassistentin beinah um den Schlaf gebracht. Denn die wurden aus Filz ausgeschnitten und nachträglich auf den Schal geklebt. Eine kleinteilige und langwierige Arbeit. Die beiden Schals sind dann auch die Lieblinge der Station. „Sie sind aber auch sehr schön geworden“, meint Bereichsleiter Bernd Holczer.

Stricken geht immer – auch bei Demenz

Sieben Seniorinnen haben sich in diesem Jahr am Flaggenstricken beteiligt, quasi zwei links, zwei rechts und eine Schwalbe, um im Fußballjargon zu bleiben. Wie lange so ein Schal dauert? „Schon ein paar Stunden. Aber es soll ja auch ordentlich sein“, sagt eine Bewohnerin. „Viele unserer Bewohner sind demenzkrank. Das Stricken geht aber teilweise noch richtig gut“, sagt Puhle. Immer wieder muss sie sich neue Projekte ausdenken. So wurden passend zur Europameisterschaft auch Flaggen als Anstecker oder Armbänder gehäkelt.

Die EM steht im Seniorenzentrum generell hoch im Kurs. „Sie können hier in jedes Zimmer gehen, überall läuft Fußball“, erzählt Bereichsleiter Holczer. „Auch wenn man Dienst hat, verpasst man so kein Spiel“, fügt er hinzu und lacht. Wenn Deutschland so wie am Dienstag schon um 18 Uhr spielt, wird auch mal kurzerhand das Abendessen vorverlegt, damit danach alle zusammen die Partie angucken können.

Internationales Flair im Seniorenzentrum

Auch das Thema Internationalität spielt eine große Rolle in dem Haus am Stadtpark. In den Gängen hängen große Flaggen, im Essensraum sind Trikots an die Wände gepinnt. „Die Flaggen sind ganz abgestimmt auf die Bewohner. Wir haben etwa eine ehemalige Englischlehrerin. Vor deren Zimmer hängen dann die Fahnen von England, Wales und Nordirland“, berichtet Bernd Holczer. Es gebe zudem einen italienisch-stämmigen Bewohner und einen mit russischem Migrationshintergrund. „Auch unser Pflegepersonal ist eine internationale Mannschaft. Von elf Mitarbeiterinnen haben nur vier keinen Migrationshintergrund“, erzählt der Bereichsleiter. Aber: „Es gibt keine Streitereien darüber, wer gewinnt.“ Ganz im Gegenteil: „Wir sind eine große Familie“, sagt Patrick Siegler. Der Betreuungsassistent ist selbst Fußballfan und hat die Dekoration übernommen.