Die Stadtbahn-Varianten von Dieter Maurmaier und Hans-Joachim Knupfer haben es verdient, ernsthaft geprüft zu werden.

Leonberg: Thomas Slotwinski (slo)

Leonberg - Mitten in einer Phase, in der die meisten darüber diskutieren, wie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der ein Vierteljahr andauernde Quarantäne des öffentlichen Lebens gemildert werden können, erinnern ein Kommunalpolitiker und ein Initiativensprecher an ein Thema, das vor Corona ganz oben auf der regionalen Problemliste gestanden hatte: den Verkehrsinfarkt.

 

Die täglichen Staus auf Autobahnen und in den Innenstädten waren vielen von uns angesichts des überschaubaren Verkehrs in Zeiten von Kurzarbeit und Betriebsschließungen ein wenig aus dem Gedächtnis geraten. Zuletzt sind die Straßen erkennbar voller geworden. Fast, als hätte es den Lockdown nicht gegeben.

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Dieter Maurmaier und Hans-Joachim Knupfer blicken rund zehn Jahre voraus und haben Skizzen für Stadtbahnen entworfen. Eine, die Leonberg direkt mit Stuttgarter Boom-Stadtteil Vaihingen verbindet, und eine, die nach Weissach und damit zum Porsche-Entwicklungszentrum führt. Ihr Hauptargument: An beiden Zielen sind die Arbeitsplätze der Zukunft.

Noch eine, freundlich formuliert, mutige Vision, mag sich mancher denken, der sich ohnehin lieber auf den eigenen vier Rädern bewegt. Doch der Chef der FDP-Fraktion im Leonberger Gemeinderat und der Sprecher der Bürgeraktion „Unsere Schwarzwaldbahn“ haben Expertise: Ersterer ist habilitierter Bauingenieur mit Schwerpunkt Verkehrswesen, der Zweite hat sich in seinem Engagement für eine Schienenverbindung nach Calw intensiv in die Materie eingearbeitet.

Dass Stadtbahnen, eine Art Mittelding zwischen Straßenbahn und S-Bahn, die Zukunft gehört, gilt bei Experten als unstrittig, unabhängig davon, ob die Züge irgendwann führerlos unterwegs sein könnten. Nicht von ungefähr denken nicht nur die beiden Leonberger über neue Verbindungen nach. Auch der Landrat hat am Jahresanfang eine Verlängerung von zwei Stuttgarter Stadtbahnlinien nach Leonberg und Böblingen ins Gespräch gebracht. Der Kreistag hat nun eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.

Weichen für kommende Jahrzehnte stellen

Man darf sich auch nicht davon täuschen lassen, dass momentan der öffentliche Nahverkehr weniger stark genutzt wird als in Vor-Corona-Zeiten. Natürlich ist eine halbstündige Fahrt mit Maske unbequem. Und gewiss sind viele Menschen verunsichert oder haben gar Angst, wenn sie einen Bus oder eine Bahn betreten.

Das ändert nichts daran, dass jetzt buchstäblich die Weichen für die kommenden Jahrzehnte gestellt werden müssen. Nur wenn es wirklich gute Alternativen gibt, werden sich die autoverliebten Leute im Ländle dauerhaft umorientieren.

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Deshalb darf die Kommunalpolitik keine Zeit verlieren, parallel zum Corona-Krisenmanagement Konzepte für jene Dekaden zu entwickeln, in denen das Leben nicht mehr von Beschränkungen geprägt ist. Die Vorschläge von Dieter Maurmaier und Hans-Joachim Knupfer haben es verdient, genauso ernsthaft geprüft zu werden, wie die Variante, mehrere schon vorhandene Stadtbahn-Linien zu verlängern.