In der Entwicklung der Stadt Leonberg hat der landschaftsprägende Engelberg viele unterschiedliche Nutzungen erfahren.

Seine Silhouette und der Turm darauf sind das Erkennungszeichen Leonbergs – der Engelberg. Die Bezeichnung „Engelberg“ ist erst seit dem 16. Jahrhundert gebräuchlich. Der ursprüngliche Name lautete „Endelberg“, das bedeutet Endberg, nämlich der Berg am Ende des von Stuttgart aus nach Nordwesten verlaufenden Höhenzugs.

 

Der Engelberg ist 480,6 Meter hoch. 100 Meter tiefer auf einem Vorsprung liegt die Leonberger Altstadt. Auf dem damals unbewaldeten Engelberg stand seit dem Mittelalter ein Hochwachtturm, als Außenposten der Stadtverteidigung. In unruhigen Zeiten waren dort Wächter postiert. Sie hatten Sichtverbindung mit dem Oberen Torturm in der Stadt und gaben Signal.

Schon im 19. Jahrhundert eine touristische Attraktion

Im Jahr 1842, der Turm hatte seine militärische Bedeutung längst verloren, entschloss sich der Leonberger Gemeinderat zur Renovierung des „Engelberg Thürmchens“. Es erlitt nicht das Schicksal der Stadttürme. Jahre zuvor wurden alle abgebrochen, weil sie dem Stadtausbau im Weg standen und ihr kostbares Baumaterial weiterverwendet werden konnte. Im Gegensatz dazu wurde der Wartturm 1842 sogar verschönert. Flaschnermeister Nast stellte damals Knopf, Stange und Fahne her, in seinem Angebot garantierte er „für moderne und gute Arbeit“.

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Schon im 19. Jahrhundert ist der Engelberg eine touristische Attraktion. So nennt der Leonberg-Führer aus dem Jahr 1898 ein „unentbehrlicher Ratgeber für Touristen“, den Engelberg an erster Stelle als Ausflugsziel für „Spaziergänger“.

Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Anhöhe auf vielerlei Weise genutzt. Ab 1818 werden Teile Bürgern zur gärtnerischen Nutzung überlassen, als Bestandteil ihres Bürgerrechts. Um 1840 initiierten Bürger – allen voran der rührige Heinrich Essig, der Züchter der Leonberger Hunde – die Anpflanzung eines kleinen Waldes. Die windgeschützte Lichtung darin wurde der Festplatz.

1848 wurde auf dem Engelberg gefeiert

„Das erste dort gefeierte Fest war vermutlich das 1837 neu belebte Kinderfest“, sagt die Stadtarchivarin Bernadette Gramm. Ab 1842 fand es auf dem Engelberg statt und zog erst 1998, anlässlich der 750-Jahr-Feier, in den Stadtpark in der Neuen Stadtmitte um.

Weithin sichtbare Freudenfeuer bezeugten feierliche Ereignisse wie im Mai 1848 die Eröffnung der Nationalversammlung in Frankfurt oder im September 1871 der Sieg über Frankreich. Der Engelberg wurde zum Ort des patriotischen Gedenkens.

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Auf der Suche nach einem geeigneten Gelände wandte sich der gerade entstehende Stuttgarter „Golfspielverein“ im Frühjahr 1927 an die Stadt Leonberg. Die Leonberger Heide beim Engelberg war ideal für einen Golfplatz. Bei der ersten Beratung im Gemeinderat am 12. April 1927 stellte Stadtschultheiß Gotthilf Funck das Projekt begeistert vor. Er pries die Vorzüge: hohe Pachteinnahmen, günstige Gelegenheit zur Verlängerung der Wasserleitung bis zum Engelberg und der Heide bei Kostenbeteiligung durch den Verein, Arbeit für das örtliche Handwerk und die Arbeitslosen und schließlich die Verringerung des Defizits bei der neuen Buslinie Stuttgart-Leonberg wegen der häufigen Nutzung durch die Golfspieler.

20 Pfennig kostete der Eintritt zum Turm

Bis auf zwei Mitglieder stand der Gemeinderat dem Vorhaben sehr aufgeschlossen gegenüber. Die Stadt verhandelte daraufhin mit einigen Grundstücksbesitzern wegen des Verkaufs von Gelände sowie mit dem Gartenbauverein Forchenrain der an der Verlängerung der Wasserleitung interessiert war und sich an den Kosten beteiligte. Am 12. Juli lag dem Gemeinderat der Entwurf für einen Wasser-Hochbehälter vor.

Der mit der Planung der Wasserleitung befasste Oberbaurat aus Stuttgart schlug einen Wasser- und Aussichtsturm vor. Ein Jahr nach der ersten Beratung im Gemeinderat stand der Turm, die 4500 Meter lange Wasserleitung war verlegt. An Ostern 1928, am 8. April war der Turm erstmals für Besucher geöffnet. Erwachsene zahlten 20 Pfennige, Kinder 10 Pfennige, Vereinsgruppen pro Mitglied 10 Pfennige und Schulklassen pro Schüler fünf Pfennige.

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Prächtig wie die Rundschau waren auch die Zuschüsse, die die Stadt vom Staat, der Gebäudebrandversicherung und anderen für das Projekt erwirken konnte. So kostete der Turm 27 000 Mark, davon musste die Stadt noch 5000 Mark aufbringen. Auch die Stadt Stuttgart beteiligte sich mit einem Fernrohr. Der Turm ist 34,70 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 7,90 Meter. Von den fünf Stockwerken ist das oberste die Aussichtsplattform, 123 Stufen führen hinauf.

Noch heute Wahrzeichen von Leonberg

Der Wasserbehälter im vierten Stockwerk fasst 72 Kubikmeter. Das Nass wurde bis 1958 mit Pumpen von der Mahdentalquelle herbeigeführt. Dann floss Bodenseewasser von der Anschlussstelle Bärenseen über den Golfplatz zum Turm. 1982 verlor der Engelbergturm seine Funktion als Wasserspeicher an den beim Waldfriedhof gebauten Hochbehälter „Studentenbäumle“ mit einem Fassungsvermögen von 1800 Kubikmeter.

Nach wie vor ist der Engelbergturm das Wahr- und Erkennungszeichen der Stadt. Fährt man auf Leonberg zu, ist schon von weitem der Engelbergturm zu sehen, seit 2005 auch bei Nacht.