Ehrenamtliche bringen Flüchtlingen in der Lernwerkstatt Welzheim seit Juli handwerkliche Grundfertigkeiten, Berufsvokabular und Arbeitsverhalten bei. Aufträge und Spenden sind für ein Fortbestehen des Angebots nötig.

Welzheim - Die Zeit reicht nur für einen kurzen Gruß, dann senkt sich der Kopf von Mohammad wieder über den Schraubstock. An diesem Nachmittag steht das Anfertigen von Außengewinden auf dem Programm. Metallteile werden abgesägt, dann muss der Gewindeschneider korrekt aufgesetzt werden. Da ist Konzentration und Fingerspitzengefühl gefragt. „Am Anfang hatten wir den Plan, dass wir nach anderthalb Stunden eine Pause machen. Aber eigentlich wollen alle durchschaffen“, sagt Hermann Fitz und lacht. Der Pensionär hat früher als Techniklehrer gearbeitet und nun als Ehrenamtlicher die Federführung in der Lernwerkstatt für Flüchtlinge in Welzheim übernommen. Seit Mitte Juli gibt es dieses gemeinsame Angebot der Asyl-Arbeitskreise in Welzheim, Kaisersbach und Alfdorf.

 

„Wir sind durch ein ähnliches Projekt in Schwäbisch Gmünd auf die Idee gekommen“, erzählt Fritz Bareiss vom Arbeitskreis Asyl Welzheim. Die Verwirklichung wäre beinahe an der nahezu einjährigen Suche nach einem geeigneten Raum gescheitert. „Fast hätten wir aufgegeben“, sagt Bareiss. Eher durch Zufall sind die Ehrenamtlichen schließlich an die ehemalige Bäckerei gekommen, die genügend Platz für Werkbänke und Maschinen bietet.

Projekt wäre fast an der Raumsuche gescheitert

An zwei Nachmittagen in der Woche kommen aktuell acht Flüchtlinge in die Werkstatt, um ganz verschiedene Dinge zu lernen. „Wir bieten keine Ausbildung, sondern vermitteln verschiedene handwerkliche Fertigkeiten. Es wird mit Holz, Metall und Kunststoff gearbeitet“, erläutert Bareiss. Die Teilnehmer sollen aber nicht nur den Umgang mit verschiedenen Maschinen lernen, sondern auch die speziellen deutschen Begriffe – und grundlegendes Sozial- und Arbeitsverhalten wie Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit oder Durchhaltevermögen. „Wir wollen ihnen Dinge beibringen, für die im Betriebsalltag keine Zeit ist“, sagt Hanspeter Erne vom Arbeitskreis Asyl.

Die Ehrenamtlichen haben vor dem Start in den Unterkünften für das Angebot geworben, und das Interesse war sofort groß. Die erste Runde soll nun bis etwa Weihnachten gehen, dann können die nächsten Interessenten zum Zug kommen.

Die meisten Teilnehmer leben in der Unterkunft im Haghof, ihre Nationalitäten sind bunt gemischt. An diesem Nachmittag stehen Syrer, Iraker und Togolesen an den Werkbänken. Es sind nur vier von acht Teilnehmern da – das hat aber nichts mit mangelnder Zuverlässigkeit zu tun: Der eine fehlt wegen einer Sprachprüfung am nächsten Tag, der zweite besichtigt eine Wohnung und der dritte hat gerade einen Aushilfsjob bei einem Fensterbauer. „Unsere Erfahrungen sind durchweg positiv“, sagt Hermann Fitz. Obwohl keiner der Teilnehmer in seinem Herkunftsland als Handwerker gearbeitet habe, seien alle sehr motiviert. „Ich will arbeiten und nicht daheim sitzen“, sagt Mohammad. Der 48-Jährige gehört zu den ganz Fleißigen, „ihn würde ich sehr gerne an einen Betrieb weitervermitteln“, sagt Hermann Fitz.

Die Flüchtlinge haben schon Stühle für einen Kindergarten repariert

Für die Ehrenamtlichen in der Werkstatt ist es ein gutes Gefühl, den Flüchtlingen auch eine gewisse Abwechslung zum Alltag in den Gemeinschaftsunterkünften bieten zu können. „Und wir können ihnen ein Stück Würde zurückgeben. Wir nehmen sie ernst, gehen locker und humorvoll miteinander um. Und ich glaube, das gefällt ihnen auch gut“, sagt Werner Deuschle, ein weiterer Ehrenamtlicher.

Er hofft, wie alle anderen Mitstreiter, dass nun weitere Spenden und kleine Aufträge das Fortbestehen der Lernwerkstatt sichern. Bisher hat die Einrichtung bereits Stühle für einen Kindergarten repariert. „Geplant ist zum Beispiel auch, Vogelkästen für den Nabu bauen“, sagt Fritz. Sehr dankbar waren die Ehrenamtlichen dem Golfclub Haghof: Nach einem Benefizturnier konnte die Lernwerkstatt einen Scheck über mehr als 13 000 Euro entgegen nehmen. Die Werkzeuge und Maschinen wurden von verschiedenen Firmen gespendet, „aber auch da können wir noch weitere professionelle Ausstattung brauchen“, sagt Fritz Bareiss.