Eröffnung des neuen Leseclubs der „Stiftung Lesen“. Mit dabei: Schauspieler Richy Müller.

Weissach - „Wer von euch weiß, was Porsche macht?“ Verónica Sapena-Mas, zuständig für Förderprojekte beim Stuttgarter Autobauer, steht am Mittwoch in der voll besetzten Aula der Grundschule im Weissacher Teilort Flacht und stellt den knapp 100 Schülern, die dort versammelt sind, diese Frage. Prompt kommt die Antwort: „Rennautos!“ Offensichtlich wissen schon die Kleinen in der Region, was Porsche hauptsächlich macht. Aber eben nicht nur.

 

Denn mit Unterstützung der Porsche AG hat die bundesweite „Stiftung Lesen“, deren Ziel es ist, allen Kindern einen einfachen Zugang zum Lesenlernen zu ermöglichen, in Flacht einen Leseclub ins Leben gerufen. Der wird zwar schon eifrig genutzt, doch ein Termin für die feierliche Einweihung war nicht so einfach zu finden. Schließlich waren etliche Gäste unter einen Hut zu bringen, darunter Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Weissachs Bürgermeister Daniel Töpfer und Schauspieler Richy Müller, Lesebotschafter der Stiftung Lesen.

Fast ein Heimspiel für den Stuttgarter Tatort-Kommissar und passionierten Porsche-Fahrer, und eines, das ihm sichtlich Spaß bereitet. „Lesen“, sagt er, „ist die Grundlage der Dinge. Ohne Lesen geht gar nichts.“ Deshalb fragt er, bevor er sich im Kreis der Kinder zum gemeinsamen Lesen niederlässt, vorsichtshalber nochmal bei den Erstklässlern nach: „Könnt ihr denn schon lesen?“ Auch hier kommt die Antwort prompt: „Klar, warum denn nicht?“ Na, dann kann es ja losgehen.

Eröffnung mit Lesen, Liedern und Gedichten

„Das große Rennen“ heißt das Buch, es geht – natürlich – um einen Rennwagen. Müller spricht den Erzähler, sieben Grundschüler leihen den sieben Protagonisten der Geschichte ihre Stimme. Am Ende zeigt sich der Schauspieler beeindruckt von der Professionalität der Nachwuchs-Vorleser: „Es ist ja gar nicht so einfach, im richtigen Moment den einen Satz zu sagen“, lobt er.

Zu einer Eröffnung gehört natürlich viel mehr als das Vorlesen eines Buches. Alle Schüler haben mit Liedern und einem Gedicht zum Festakt beigetragen, und der Leseclub mit den gemütlichen Sitzsäcken ist für alle geöffnet. „Hier sitzen die Kinder oft zu dritt und schmökern, auch schon mal in demselben Buch“, erzählt Manuela Gantenbein Wiederkehr. So soll es sein, denn auch Kommunikation und Gemeinschaft sollen hier gefördert werden.

Dabei entscheidet die Schule selbst, was angeschafft wird, in Flacht waren es hauptsächlich Bücher. „Wir haben zwar auch ein Tablet angeschafft, aber uns war wichtig, dass die Kinder Zugang zu gedruckten Büchern bekommen. CDs und Hörbücher haben sie in der Regel genügend zuhause, doch damit lernen sie nicht lesen. Und für andere digitale Angebote haben wir einen extra Computerraum“, erklärt die Betreuerin des Leseclubs. Die Lieblingslektüre der Kids: „Das Guinessbuch der Rekorde“, sie lacht, „das verleihen wir auch nicht mehr, weil so viele Kinder danach fragen und es immer gleich wieder weg wäre.“

Die Stiftung Lesen hat bis heute mit Hilfe lokaler Bündnispartner rund 400 Leseclubs eingerichtet, zusammen mit Porsche an jedem Standort des Unternehmens einen. 10 000 Euro stiftet der Autobauer pro Leseclub, das Geld fließt in die Ausstattung der Räume und die Erweiterung des Medienbestandes.

Egal ob Bücher oder Comics: „Hauptsache, sie lesen“

Knapp ein Jahr haben die Vorbereitungen gedauert, bis die Grundschule den Leseclub für die Kinder öffnen konnte. Er ist einer von sieben in der Region und vorerst der letzte. „Bislang war Stuttgart ein blinder Fleck auf unserer Karte“, witzelt Maas, „das hat sich jetzt geändert.“ Und bei 7,5 Millionen Erwachsener, die nicht lesen können tut es auch Not, den Kreislauf zu durchbrechen. Denn wer selbst nicht lesen kann, kann auch seine Kinder nicht dabei unterstützten. „Wir müssen runter vom hohen Ross“, fährt Maas fort, „das so genannte ‚gute Buch‘ darf nicht der Maßstab für das Lesenlernen sein.“ Viele der kleinen Leser beginnen mit Comics und wachsen in andere Lektüre hinein. „Hauptsache, sie lesen“, so der Tenor, ohne Druck und ohne Zwang. „Das Lesevermögen der Kinder, die im Leseclub sind, hat sich in der kurzen Zeit schon deutlich verbessert“, hat Rektorin Gabriele Murschel-Grimm bemerkt, „und auch die Eltern bestätigen, dass die Kinder jetzt auch zuhause lesen.“

Richy Müller hat übrigens mit Wilhelm Busch angefangen zu lesen: „Es hat mich neugierig gemacht, was unter den Bildern stand, das wollte ich wissen“, erzählt der Schauspieler. Doch nicht nur die Liebe zum Lesen hat ihn zum Lesebotschafter werden lassen. „Kinder sollen das Lesen nicht nur als Aufgabe erleben. Ihre Neugier und ihr Interesse soll geweckt werden, damit sie gerne lesen lernen. Denn wie heißt es so schön: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil.“