Das Litquartier von Caroline Grafe geht in die nächste Runde. An vier Abenden spricht die Literaturvermittlerin mit Autorinnen über ihr Werk und das anderer Frauen sowie über Frauen in der Literaturwelt allgemein. Am Mittwoch ist der Auftakt Reihe „Frauen“ im Westquartier.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - STUTTGART. Sie sehe aus wie „ein aufgeschrecktes Reh mit sinnlichen Lippen“ schrieb ein Literaturkritiker einst in einer Schweizer Zeitung über die Autorin Sally Rooney. Aus Wut über die „sexistische“ Beschreibung initiierten die Autorinnen Nadia Brügger, Simone Meier und Güzin Kar den Hashtag #dichterdran und sammelten damit Beispiele, wie es klingen würde, wenn in Kritiken über Autoren im gleichen Stil geschrieben werden würde, wie das oft bei Autorinnen der Fall ist. Simone Meiers ausgedachte Kritik: „Während die beeindruckende Katja Mann erfolgreich die Fabriken ihres Vaters leitete, kümmerte sich Gatte Thomas liebevoll um die Kinder. Daneben schrieb er Bücher.“

 

Zahlen zeigen: männliche Autoren dominieren den Buchmarkt

Auch dominierten männliche Autoren immer noch den Buchmarkt, sagt die Stuttgarterin Caroline Grafe. Die Literaturvermittlerin möchte deshalb Autorinnen unterstützen und startet die Lesungsreihe „Frauen“. Dass dies so sei, lasse sich anhand von Zahlen belegen. So hätten sich einige Autorinnen dran gemacht, die Frühjahrsvorschau großer Publikumsverlage durchzuzählen. Das Ergebnis? In der Hochliteratur seien viel mehr Männer vertreten. Nur bei der Trivialliteratur sei es umgekehrt. Auch Literaturpreise würden häufiger an Männer verliehen. „Ich möchte deshalb mit der Reihe eine andere Perspektive aufzeigen“, sagt Grafe.

Vor allem auch, weil Literatur von Frauen definitiv nicht schlechter sei. „Es gibt noch so viele verborgene Schätze von Autorinnen“, sagt die Literaturwissenschaftlerin. Einige davon hat sie für ihre Reihe ausgewählt, wie zum Beispiel Friederike Manner. In „Die dunklen Jahre“ schrieb die österreichische Autorin über ihre Ehe während der NS-Zeit. „Von den Themen und Fragen, die sie aufgreift, ist sie in Ansätzen unglaublich modern“, schwärmt Grafe. Die Lesungsreihe startet am heutigen Mittwoch im Westquartier mit dem Roman der österreichischen Autorin. Nach der Lesung diskutiert Grafe mit Lisa Welzhofer, Redakteurin unserer Zeitung, über Manners Roman.

Die Literaturwissenschaftlerin möchte Frauen eine Bühne geben

Caroline Grafe lebt und arbeitet seit jeher für die Literatur. Die 39-Jährige war in der Verlagsbranche tätig. Im Januar 2019 hat sie sich mit Litquartier, einem Büro für Text und Literaturvermittlung, selbstständig gemacht. Schon während ihres Studiums hatte sie den Wunsch, literarische Salonabende zu veranstalten.

Vor knapp fünf Jahren hatte sie sich diesen Traum erfüllt und im Westquartier das Litquartier zunächst als reine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen. Neben einem regelmäßigen Lesekreis veranstaltete sie Vorlesenachmittag für Grundschüler und Kindergartenkinder und literarische Salonabende, die junge Menschen für das Lesen begeistern sollten. Für die Premiere konnte sie damals die bekannte Berliner Autorin Elisabeth Rank gewinnen, die ihren zweiten Roman „Bist du noch wach?“ präsentierte.

Bei ihrem neuen Projekt will sie Autorinnen eine Bühne geben und damit deren Sichtbarkeit erhöhen. Dabei reiche die Auswahl der Bücher und Themen vom „Frau-Sein in der dunkelsten Geschichte der deutschen Vergangenheit bis hin zum Frau-Sein heute“, sagt Caroline Grafe.

Auftakt mit Redakteurin Lisa Welzhofer

So ist bei der vierteiligen Reihe unter anderem die Wiener Autorin Laura Freundenthaler zu Gast (13. März), die über ihr Buch „Die Königin schweigt“ spricht. Für den Termin im April (3. April) hat Grafe die Wiener Lektorin und Autorin Tanja Raich eingeladen, die aus ihrem Debütroman „Jesolo“ liest. Den Abschluss am 8. Mai bildet Simone Meier. Mit ihr spricht Grafe über deren Buch „Hemingways sexy Beine“ sowie das Schreiben und Wirken von Frauen, über Literaturkritik, über Klischees und über Feminismus.