Für den Redakteur Ulrich Stolte ist der Revolutionär Albert Benno Dulk eine so spannende Figur, dass er eine Roman-Biografie über ihn schreibt. In der Landesbühne Esslingen liest er jetzt Teile daraus vor.

Rems-Murr: Sascha Sauer (sas)

Esslingen - Unglaublich ist dieser Kerl. Durchschwimmt als Erster den Bodensee, erfindet das Freiklettern, gründet die Stuttgarter Freidenker und lebt als Eremit auf dem Sinai. Doch der Revolutionär Albert Benno Dulk ist für den Redakteur und Literat Ulrich Stolte noch viel mehr: „Er war ein Mann, der komplett aus seiner Zeit gefallen schien, der sich keinen Deut um bürgerliche Ordnung scherte, weder in seinen Beziehungen zu Frauen, noch in seiner Philosophie.“

 

Als Sohn eines Apothekers hätte er ein Leben als geachteter Bürger führen können

Ein irrer Typ, vielleicht ein bisschen durchgeknallt, würde man heutzutage über den Mann sagen, der vor 200 Jahren in Königsberg geboren wurde. Als Sohn eines Apothekers hätte Dulk ein Leben als geachteter Bürger führen können, ab er war niemand, der ausgetretene Pfade beschritt. Er hat sich stattdessen lieber mit allen angelegt, die Freiheit und Gerechtigkeit im Weg standen. Für Ulrich Stolte ist Albert Dulk eine so spannende Figur, dass er begonnen hat, einen Roman über ihn zu schreiben. Noch ist das Buch im Entstehen, bis Ende des Jahres soll es fertig sein.

Dulk ist der erste deutsche Rucksack-Tourist in Ägypten gewesen

Bei einer Lesung am Freitag, 13. September, 20 Uhr, in der Württembergischen Landesbühne bietet sich die Gelegenheit, vorab Teile des Romans kennenzulernen. Zudem wird Ulrich Stolte eine Auswahl Dulks eigener Gedichte vorstellen und ausgewählte Stellen aus seinen spannenden Reisebeschreibungen vortragen. „Dulk war der erste deutsche Rucksack-Tourist in Ägypten“, sagt Stolte. Wie kann man sich das vorstellen? „Die meisten europäischen Reisenden hatten eine große Apanage dabei, mit Köchen, Pferden, Knechten und anderen Dienern. Dulk reiste dagegen alleine, nur mit einer schwarzen Kiste, in der seine Habseligkeiten steckten“, sagt Stolte. Diese Kiste ist übrigens heute noch im Literaturarchiv in Marbach erhalten, seine Urenkelin Ilse Walther-Dulk hat sie als materialisierte Zeit bezeichnet.

Der Rebell lebt mit drei Frauen in einer Wohngemeinschaft

Dulks Gedichte bestechen mit Klarheit und Emotionen. „Er war ein realistischer Dichter, der sehr gefühlvoll für seine drei Frauen und sechs Kinder geschrieben hat“, erzählt der Redakteur. Es waren vor allem Naturgedichte und religiöse Reflexionen, die ihm aus der Feder flossen.

Dulk hat aber auch politische Geschichte geschrieben: So war er der erste Deutsche, der wegen Agitation für die SPD im Gefängnis saß. „Er nahm einen wichtigen Anteil an der Entstehung der SPD und gründete die Stuttgarter Freidenker“, erzählt Ulrich Stolte. Immer wieder habe er auch erfolglos für den württembergischen Landtag kandidiert. Interessant ist aber auch, dass Dulk in einer Vielehe die erste sozialistische Kommune der Welt erschaffen hatte. Eine Frau führte den Haushalt, die beiden anderen konnten ihren schriftstellerischen und musischen Aufgaben nachgehen. Sechs Kinder lebten in der Gemeinschaft. Die Vielehe verziehen ihm die Schwaben, nicht aber seine Abkehr von Gott. Seine öffentlichen Auftritte wurden boykottiert. Doch das vermochte Dulk nicht zu brechen. In unbeugsamer Haltung gegen den Obrigkeitsstaat starb er 1884. Aufgrund seiner Popularität geriet der Trauerzug zur Massendemonstration.

Termin: Die Lesung beginnt am Freitag, 13. September, um 20 Uhr in der Württembergischen Landesbühne Esslingen, Podium 2. Karten unter Telefon 07 11/35 12 30 44, www.wlb-esslingen.de sowie an der Theaterkasse.