Dem 62-Jährigen , der über 300 000 Euro auf das eigene Konto abgezweigt haben soll, droht eine Haftstrafe. Zweimal hatte der Kämmerer, der seit 37 Jahren im Rathaus gearbeitet hat, für die Wahl zum Bürgermeister in Lichtenwald kandidiert.

Lichtenwald - Dem ehemaligen Kämmerer der Gemeinde Lichtenwald droht eine Gefängnisstrafe wegen „Untreue in einem besonders schweren Fall“. Der 62-Jährige, der über Jahre hinweg Geld der Gemeinde und des örtlichen Krankenpflegevereins auf das eigene Konto abgezweigt haben soll, muss sich am Mittwoch, 12. Dezember, vor dem Amtsgericht Esslingen für seine Taten verantworten. Laut Heiner Römhild, dem Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart, sitzt die Kommune noch immer auf einem Schaden von rund 218 000 Euro.

 

Laut dem Lichtenwalder Bürgermeister Ferdinand Rentschler (CDU) hat der Kämmerer die Gemeinde um insgesamt rund 321 000 Euro erleichtert. 76 000 Euro seien verjährt, weil die Taten zum Teil länger als zehn Jahre zurück liegen. Über eine sogenannte Vertrauensschadensversicherung seien 200 000 Euro an die kommunale Kasse zurückgeflossen. Als er den Betrug im vergangenen Jahr bemerkt habe, hätten sich über die beteiligten Banken weitere von dem Kämmerer ergaunerte 56 000 Euro zurückbuchen lassen. Ansonsten wäre der Schaden noch höher gewesen.

Bei der Prüfung der Bücher „taten sich Abgründe auf“

Der heute 62-Jährige – von der Anklagebehörde wird er als „ein Verwaltungsbeamter der Gemeinde Lichtenwald“ bezeichnet – war 37 Jahre lang auf dem Rathaus der kleinen Kreisgemeinde beschäftigt. Zweimal kandidierte er sogar für das Amt des Bürgermeisters von Lichtenwald. In seinem zweiten Anlauf auf den Rathaussessel unterlag er Ferdinand Rentschler (CDU). Letzterer kam dem Mitarbeiter in gehobener Position vor gut einem Jahr auf die Schliche und deckte den Fall auf.

Er habe zunächst die Betrügereien zu Lasten des Krankenpflegevereins bemerkt, dessen Schatzmeister der Angeklagte war. Er habe sich mit „hohen Beträgen“ an dessen Girokonten bedient. Dann habe er, Rentschler, weiter geforscht und schnell „taten sich da Abgründe auf“, sagt er. Von Sonderkonten für die Finanzierung von Baugebieten habe der Kämmerer über Jahre hinweg hohe Summen in die eigene Tasche gesteckt. Für eine kleine Gemeinde wie Lichtenwald seien das bedeutende Beträge, die in der Kasse fehlten, sagt der Rathauschef. Ohne die Betrugsdelikte des ehemaligen Mitarbeiters „wären die Baugebietsgewinne höher gewesen“.

Der Schaden für den Krankenpflegeverein ist noch nicht genau beziffert, er soll aber um 100 000 Euro liegen. Das müsse letztlich zivilrechtlich geklärt werden, wenn es zu einer Verurteilung durch das Amtsgericht Esslingen gekommen sei.

Der 62-jährige Angeklagte scheint sein schweres Fehlverhalten einzusehen. Der Gemeinde gegenüber hat er seine Schuld – durch einen Notar beglaubigt – eingestanden. Die erste Strafe hat der Ex-Kämmerer bereits hinnehmen müssen. Denn in einem Disziplinarverfahren wurden dem vom Dienst suspendierten Beamten bereits sämtliche Pensionsansprüche versagt.

Angeklagter handelte „wiederholt und gewerbsmäßig“

Da der Mann „wiederholt und gewerbsmäßig“ gehandelt habe, ist er laut Römhild wegen Untreue „in einem besonders schweren Fall“ angeklagt. Diese werde mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren bestraft. Bei einer „einfachen“ Untreue liege der Strafrahmen bei einer Geldstrafe oder Gefängnis bis zu fünf Jahren. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Kämmerer seine Stellung an einer verantwortlichen Position der Gemeindeverwaltung missbraucht hat, um sich zu bereichern. Die Verhandlung soll an einem Tag über die Bühne gehen, Fortsetzungstermine sind nicht geplant.