Für die Lektorin Caroline Grafe hatte die Dose auf dem Frisiertisch der Oma geradezu magische Kräfte: Mit ihr in der Hand verwandelte sich die Welt.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Wie Alice im Wunderland durch den Kaninchenbau in eine fantastische Welt gerät, schlüpfte Caroline Grafe als Kind in ihre Traumwelten – und zwar mithilfe des Herzens aus Kristallglas. Das stand bei ihrer Oma auf dem Frisiertisch und übte geradezu magische Kräfte auf die Enkelin aus. Weshalb, vermag die Lektorin und Literaturvermittlerin heute nicht mehr zu sagen. Es gehörte zu einem Trio aus Glasdosen. In der einen lagerte die Großmutter die einst charakteristischen Wattebäuschchen in Rosa, Gelb, Hellblau und Weiß, in dem anderen allerhand Kleinkram und im Herzen ab und zu ihren Schmuck.

 

Oma im Frisiersalon

„Mich interessierte nur das Herz – wegen seiner Form“, sagt Christiane Grafe bestimmt. Mit ihm in der Hand versetzte sie sich in andere Rollen. „Solche Spiele waren mir immer lieber als zum Beispiel Gesellschaftsspiele“, erzählt sie. Die Oma war dabei eine dankbare Mitspielerin: Die setzte sich geduldig vor den Frisiertisch mit den drei Spiegeln – der linke und der rechte waren beweglich – und spielte in Carolines Friseursalon mit: die Enkelin als Friseurin, sie als Kundin. „Ich habe ihr auch Lockenwickler eingedreht. Sie hat alles mitgemacht“, erinnert sich Caroline Grafe voller Bewunderung. Als die Oma ins Pflegeheim musste, nahm sie die Herzdose zu sich, als symbolische Verbindung zwischen ihnen beiden. Als die Oma verstarb, wanderten auch die anderen Gefäße zu ihr. Jetzt hat das Trio sein Comeback in Grafes Schlafzimmer.