Der Chef der Bioregio-Stern, Klaus Eichenberg, weist auf die Herausforderungen für neue Firmen im Bereich der Biotechnologie hin. Auch zum Standort Esslingen hat er eine klare Meinung.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Biotechnologie gibt es in Europa erst seit etwas mehr als 20 Jahren. Wir sind also eine noch sehr junge Branche“, sagt Klaus Eichenberg. Vor 17 Jahren ist die Bioregio-Stern gegründet worden, deren Aufgabe es ist, junge Biotechnologieunternehmen in den Regionen Stuttgart und Neckar/Alb dabei zu unterstützen, Geldgeber zu finden, damit sie ihre Produkte nach einer meist extrem langen Entwicklungsphase auf dem weltweiten Markt platzieren können.

 

Auch die vier im Esslinger Life Science Center beheimateten Firmen gehören dazu, aber eben noch viele andere auch. Die Bioregio kümmert sich neben 120 klassischen medizintechnischen Firmen und 40 Engineering-Unternehmen, die Instrumente für die Biotechnologiebranche herstellen, um 110 Biotech-Unternehmen mit rund 4000 Mitarbeitern.

Dezentrale Strukturen in der Region Stuttgart

Die Strukturen rund um Stuttgart und im Bereich Neckar/Alb unterscheiden sich dabei erheblich: Ein Großteil der Firmen im Bereich Neckar/Alb konzentriert sich auf den 2003 von den Städten Reutlingen und Tübingen geschaffenen Plätzen für zwei Biotechnologiezentren mit zusammen 25 000 Quadratmetern Fläche. Rund um Stuttgart gebe es, so Eichenberg, eine eher dezentrale Verteilung. In Stuttgart selber etwa betreut die Bioregio sechs Unternehmen. Aber auch in Waiblingen, Schorndorf, Backnang, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen und Kirchheim existieren Biotech-Firmen.

Esslingen mit seinem Life Science Center auf 2000 Quadratmetern – die Hälfte für Büros, die andere für Labore – könne natürlich nicht mit Tübingen und Reutlingen mithalten, sagt Eichenberg. Dennoch sei Esslingen auch wegen seiner Hochschule ein wichtiger Partner für die Bioregio. Sehr erfreut ist er, dass es dort den Bachelor-Studiengang Biotechnologie gibt, der derart gefragt sei, dass die Hochschule regelmäßig zahlreiche Bewerber abweisen müsse. Zudem gibt es einen berufsbegleitenden Masterstudiengang in diesem Fach.

Dass Esslingen nun das Life Science Center veräußern wolle, findet Klaus Eichenberg gar nicht einmal so außergewöhnlich. Auch Tübingen und Reutlingen hätten Anfang dieses Jahres ihre Biotechnologiezentren nach 15 Jahren an den ursprünglichen Investor, die L-Bank, zurückgegeben und sich, nachdem nun dort alle Flächen belegt seien, aus dieser Art der Förderung zurückgezogen.

Unterstützung auf allen Ebenen

Insgesamt brauche die Biotechnologie aber weiterhin Unterstützung auf allen Ebenen, betont der Bioregio-Chef. Denn die Erfahrung des ersten Vierteljahrhunderts habe gezeigt, dass Unternehmer in dieser Branche einen ganz langen Atem brauchen. Studien hätten ergeben, dass der Break Even, also jener Punkt, an dem die Unternehmen mit ihren Erfindungen und Entwicklungen Geld verdienten, bei 11,6 Jahren liegt. „Unsere Partner brauchen also zunächst viele Millionen Euro, um überhaupt eine Chance zu haben, ihre forschungsintensiven Arbeiten in die Gewinnzone bringen zu können“, erläutert Klaus Eichenberg. Jede Unterstützung, sei es auch nur in Form einer überschaubaren Miete, sei wichtig. Eichenberg: „Die Biotechnologie ist immer noch ein Pflänzchen, das man pflegen muss.“

Erschwerend komme, so der Bioregio-Chef, hinzu, dass die Branche stark kontrolliert werde und zahlreiche Zertifizierungsverfahren zu bewältigen seien, ehe die Produkte den Menschen zugute kommen könnten. Dennoch ist sich der Klaus Eichenberg sicher, dass auch die Biotechnologie langfristig eine ähnliche Entwicklung erleben werde wie in der Vergangenheit die Automobil-, Computer- oder Telekommunikationsbranche.