9700 Euro zahlt Porsche seinen Tarifbeschäftigten als Prämie für 2019 – mitten in der Corona-Krise. Für den Linkspartei-Chef Riexinger ist dies ein Beleg, dass die personennahen Dienstleistungen in Pflege, Gesundheit und Handel aufgewertet werden müssen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Die Rekordprämie von 9700 Euro, die der Autobauer Porsche in diesem Jahr rund 27 000 Tarifbeschäftigten in Deutschland zahlt, zieht angesichts der Corona-Krise weitere Kritik nach sich. Aus Sicht des Vorsitzenden der Linkspartei, Bernd Riexinger, mache dies deutlich, „wie weit die Gehälter im industriellen Bereich und bei den personennahen Dienstleistungen auseinandergedriftet sind“, wie der Stuttgarter unserer Zeitung sagte.

 

„Am ausgehandelten Bonus nicht rütteln“

Er wolle den gut bezahlten Facharbeitern in der Automobilindustrie aber nicht etwas wegnehmen. „Das ist ein ausgehandelter Bonus – ich bin dagegen, daran zu rütteln“, so der frühere Verdi-Geschäftsführer. Wenn die Porsche-Mitarbeiter die Prämie nicht bekämen, würde die Pflegerin oder die Verkäuferin keinen Euro mehr erhalten. „Dann werden nur die Dividenden erhöht, was nicht der Zweck der Übung sein kann.“ Vielmehr müsse die gesellschaftliche Debatte zur Aufwertung gerade der personennahen Dienstleistungen in den versorgungsrelevanten Bereichen Pflege, Gesundheit, Handel und Logistik führen.

Speziell für die Pflegekräfte fordert Riexinger eine dauerhafte, steuerfreie Zulage auf das Grundgehalt in Höhe von monatlich 500 Euro statt lediglich einer einmaligen Bonuszahlung, wie sie in der Politik diskutiert wird. Von der Regierung in Baden-Württemberg „kann ich noch gar keine Initiative erkennen, dass Pflegekräfte besser bezahlt werden sollen“.

Gegen hohe Dividenden unterm Rettungsschirm

Generell sei es auch nicht in Ordnung, dass nur noch ein relativ geringer Teil der Belegschaft bei den Automobilkonzernen direkt beschäftigt sei. „Der Rest sind Leiharbeiter, Werkvertragsbeschäftigte und Angestellte von Subunternehmen, die alle von diesem Bonus nicht profitieren“, betonte Riexinger. Es seien ja auch schon viele dieser Kräfte nach Hause geschickt worden, weil sie tariflich nicht so geschützt seien. „Die Lösung kann aber natürlich nicht sein, die Bedingungen für die Kernbeschäftigten zu verschlechtern.“

Völlig verfehlt findet es der Linkspartei-Chef zudem, „in einer Zeit, in der sich die Automobilindustrie unter den Rettungsschirm der Bundesregierung stellen wird und schon wieder nach Abwrackprämien ruft, hohe Dividenden an die Aktionäre auszuzahlen“.

Wirtschaftsministerin beklagt falsches Signal

Zuvor hatte schon Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) die Höhe der Porsche-Bonuszahlung kritisiert. Wenn Unternehmen die Leistung der Mitarbeiter mit Prämien honorierten, sei das grundsätzlich eine gute Sache, die sie absolut unterstütze. „Angesichts der Tatsache, dass Porsche aktuell aber Kurzarbeitergeld beantragt hat und damit staatliche Unterstützung in Anspruch nimmt, sind derartig üppige Prämienzahlungen sicherlich nicht das richtige Signal und führen verständlicherweise auch in der Öffentlichkeit zu Irritationen“, betonte die Ministerin.

Porsche hatte die Beschäftigten zwar dazu aufgerufen, einen Teil der Prämie „auf freiwilliger Basis an gemeinnützige Organisationen zu spenden“. Dennoch führte die schon zu Jahresbeginn, also weit vor dem Ausbruch der Krise, zwischen Vorstand und Betriebsrat vereinbarte Bonuszahlung in den sozialen Netzwerken zu etlichen kritischen Stellungnahmen.

Im Februar hatte Daimler seine Prämie für 130 000 Tarifmitarbeiter angesichts des Gewinneinbruchs gegenüber den Vorjahren massiv reduziert – auf eine Ergebnisbeteiligung von bis zu 597 Euro und eine einmalige Anerkennungsprämie von bis zu 500 Euro.