Caroline Grafe lebt und arbeitet für die Literatur. Nun hat sie sich einen Traum erfüllt: Einen eigenen Salonabend. Außerdem plant sie Lesenachmittage für Kinder. Einen Lesekreis gibt es bereits.

S-West - Manche Ideen müssen erst zaghaft im Kopf reifen, bevor sie Wirklichkeit werden. Caroline Grafe weiß das. Die Literatur bestimmt ihr Leben, und die Liebe zum Buch weckte schon im Studium den Wunsch in ihr, Liebhaber für literarische Salonabende zusammenzuführen. Diesen Wunsch hat sich Grafe nun erfüllt. Zur Premiere an diesem Freitag kommt die Berliner Schriftstellerin Elisabeth Rank ins Westquartier.

 

Caroline Grafe ist herumgekommen. Geboren in Lahr, studierte sie in Konstanz, Heidelberg und Lausanne französische und deutsche Literaturwissenschaften, auch in Zürich war sie tätig. In dieser Zeit hat sie kleine, feine Lesungen schätzen gelernt, die anders waren als die Veranstaltungen mit Einbahnstraßencharakter, in denen der Autor liest und das Publikum lauscht und schweigt. Lesungen, die sich in Richtung eines Werkstattgesprächs entwickelten, mit bereichernden Dialogen zwischen Schriftsteller und Zuhörer. Das Faible dafür nahm sie mit, als sie Ende 2011 nach Stuttgart kam, wo sie in der Lizenzabteilung von Klett-Cotta arbeitet. Grafe träumte vom Aufbau einer eigenen Lesereihe. „Mir hat aber der passende Ort gefehlt“, sagt sie.

Drei Säulen sollen den Literaturbetrieb tragen

Das Westquartier am Bismarckplatz kam ihr da wie gelegen. In einem ehemaligen Laden für Antiquitäten in der Elisabethenstraße haben Anja Kittler und Alexandra Stroessner einen atmosphärischen Ort geschaffen, an dem sich kleinere Gruppen treffen können: zu Vorträgen, Konzerten, Yoga-Stunden – und Lesungen. Grafe nahm Kontakt auf, stellte ihr Konzept vor und fand Gehör. Passend zum Ort hat sie ihr Projekt „lit.quartier“ getauft.

Drei Säulen sollen Grafes kleinen Literaturbetrieb tragen. Da ist zum ersten der Lesekreis, der sich Anfang März konstituierte und prompt einen guten Riecher bewies. Als ersten Roman wählten die Mitglieder „Vor dem Fest“ von Saša Stanišic, das rund eine Woche später den Belletristik-Preis der Leipziger Buchmesse erhielt. Der Lesekreis trifft sich inzwischen alle vier bis sechs Wochen, um einen weiteren Roman zu diskutieren. Die zweite Säule sind Lesenachmittage für Kindergartenkinder und Grundschüler, die in der Weihnachtszeit starten sollen. Vorlesestunden hätten etwas „Schönes und Verbindendes“, sagt Grafe und erinnert sich gerne an ihre Kindheit, als ihre Eltern sie mit Märchen sowie den Geschichten von Erich Kästner und Astrid Lindgren begeisterten. „Ich glaube, dass man auch in heutigen Zeiten Kinder mit solchen Aktionen noch packen kann.“ Zuletzt ist da die dritte Säule: die literarischen Salonabende, die künftig viermal im Jahr stattfinden sollen.

Die Initiatorin ist aufgeregt, freut sich aber auch

Für deren Premiere fragte Caroline Grafe ganz frech persönlich bei Elisabeth Rank an, die Gefallen an der Idee fand. Die Berliner Autorin präsentiert in Stuttgart ihren zweiten Roman „Bist du noch wach?“. Rank, Jahrgang 1984, schreibt darin aus der Perspektive ihrer 29-jährigen Protagonistin Rea über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, übers Entfremden langjähriger Freunde voneinander und über die Krux mit der Liebe.

Poetisch und feinfühlig nennt Grafe das Porträt einer Frau, die sinnbildlich stehe für viele Menschen um die Dreißig und deren teilweise mit schmerzhaften Veränderungen verbundenen Lebenskämpfe. Es ist just das Publikum, das Grafe vorrangig gewinnen will. Sie ist etwas nervös, weil sie den Abend moderieren wird, aber sie freut sich auch sehr darauf. Die Idee für die Salonabende ist lange genug gereift. Es war Zeit, sie umzusetzen.