Händler und Kunden freuen sich, dass die Türen der Geschäfte wieder geöffnet werden dürfen. Der Andrang ist allerdings überschaubar. Für Kunden ist es nicht so leicht, einen Überblick über die Regeln zu bekommen.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Es geht ruhig in dem Modegeschäft in der Fellbacher Bahnhofstraße an diesem Montagvormittag zu. Inhaber Zeljko Vukmirovic faltet die Jeanshosen hinter der Plexiglasscheibe an der Kasse sorgfältig zusammen. Die Kundin hat gleich drei Hosen auf einmal gekauft und meint: „Ich habe so lange gewartet, bis hier wieder offen war. Ich möchte die Fellbacher Läden unterstützen, und man weiß ja nicht, wie lange offen sein darf.“

 

Einige Kunden haben auch ans Schaufenster geklopft und nachgefragt

Die Kundentreue freut den Inhaber Zeljko Vukmirovic, der den Modeshop seit sieben Jahren führt. Und auch, dass er sein Geschäft wieder aufschließen durfte: „Gott sei Dank“, sagt er. In seine Räume mit rund 150 Quadratmetern dürften nach den Coronaregeln 15 Kunden, doch das passiere nie. In der Regel seien ein, zwei Kunden im Geschäft, die Abstandsregeln also gut einzuhalten. Staatliche Hilfen habe er noch nicht bekommen, die Steuerberater seien überlastet mit den vielen Anträgen. Wissen denn seine Kunden, dass er offen hat seit diesem Montag? Da er in der vergangenen Woche umdekoriert habe, hätten einige ans Schaufenster geklopft und nachgefragt, ob er am Montag öffne. Einige hätten auch angerufen.

Die Öffnung war sehr kurzfristig und ist von der Inzidenz abhängig

Als Mitglied der Werbegemeinschaft nördliche Bahnhofstraße sei er wie die anderen Mitglieder von der Sprecherin Sonja Zielke am Wochenende über die aktuelle Coronaverordnung informiert worden. „Ich habe die neuesten Beschlüsse in einer Rundmail verschickt“, sagt Sonja Zielke, die sehr gut vernetzt ist. Das sei auch nötig, schließlich sei es wieder sehr kurzfristig gewesen, um zu erfahren, dass hier im Kreis die schnelleren Öffnungen greifen, da der Rems-Murr-Kreis unter der 50er- Marke bei der Corona-Inzidenz liegt. Auch in ihrem Fachgeschäft für Seidenblumen hätten am Freitag und Samstag viele Kunden angerufen und nachgefragt. Eine Stammkundin, die am Montag in das Seidenblumengeschäft kam, hatte sich über die Homepage des Ladens informiert. „Da war das aktuell vermerkt“, sagt sie. Sie komme gezielt in ihre Lieblingsläden, andere Geschäfte würden sie kaum interessieren. Daher habe sie auch nicht verfolgt, dass in Stuttgart die Läden geschlossen bleiben mussten.

Der Ansturm am Baumarkt fällt aus

„Open“ steht auf einem Schild vor dem kleinen Laden von Meike Briando in der Hinteren Straße. Eigentlich wäre das „Lieblingsstück“ montags zu. Doch den Öffnungstag wollte sich die Inhaberin nicht entgehen lassen. Sie habe am Freitag bei der IHK angerufen und zur Öffnung nachgefragt, da habe es noch keine hundertprozentige Klarheit gegeben. Meike Briando zehrt das ständige Hin und Her an den Nerven, auch wenn sie froh ist, zu öffnen. Viel Unsicherheit schwingt mit. So habe sie ihre Mitarbeiterin noch nicht aus der Kurzarbeit geholt. „Wer weiß, wie die Zahlen aussehen, wenn mehr getestet wird“, sagt sie. Die Fellbacherin fühlt sich nach wie vor alleingelassen. Was die Coronahhilfen angehe, falle sie als Neustarterin durch alle Raster. Ob die Verbraucher den Überblick bekommen über die laufenden Änderungen?, frage sie sich. Wie zum Beweis kommt eine Kundin und fragt: „Haben Sie denn wieder geöffnet?“

Am Baumarkt verkünden große Plakate und Banner die Öffnung. Der Parkplatz vom Toom-Baumarkt ist zwar gefüllt, aber es hat noch genügend Platz. Ein Kunde schiebt seinen Wagen mit Pfosten und Pflanzerde, auf dem es sich auch Hund Puki gemütlich gemacht hat, zum Auto. „Jetzt konnte ich die Sachen für das Blumenbeet meiner Frau besorgen“, sagt der Mann aus Fellbach. Man wisse ja nicht angesichts der neuen Virusvariante, wie sich alles weiter entwickle.

Auf dem Parkplatz und im Laden gilt Maskenpflicht, es gibt einen getrennten Ein- und Ausgang. Das eingespielte Hygienekonzept werde umgesetzt, sagt Filialleiter Florian Bürkle. Einen Kundenansturm habe es nicht gegeben, die Nachfrage sei wie an einem normalen Verkaufstag. Schon in der vergangenen Woche seien die Mitarbeiter aus der Kurzarbeit geholt worden. Baumärkte wurden als systemrelevant eingestuft und seien daher bei der Öffnung nicht von der Inzidenz-Marke abhängig. Ein Einkaufstourismus aus Stuttgart war an den Autokennzeichen nicht zu erkennen. Wieso auch? Auch die Stuttgarter Baumärkte haben auf.

Eine Infoampel soll helfen, um einen Überblick für die Öffnungsschritte zu bekommen

Über Einkaufstouristen würde er sich freuen. „Wir würden sie willkommen heißen“, scherzt Alexandr Cernomoret, der mit seiner Frau Anna das Modegeschäft „Anna’s Style“ in der Cannstatter Straße führt. In seiner Lage ist es ihm eigentlich nicht zum Scherzen: „Unsere Kunden sind total durcheinander, was eigentlich gilt“, sagt er. Am Samstag hätten sie noch einen Einkaufstermin für Montag vergeben, was Stand jetzt, nicht mehr nötig sei. „Es wäre gut, wenn die Kunden aktuell informiert werden“, sagt Cernomoret.

Eine kleine Hilfe in dem Regel-Dschungel soll eine Info-Ampel bieten. Am Dienstag soll, so teilt das städtische Presseamt mit, auf der Homepage corona-fellbach.de zu sehen sein, wie die aktuelle Lage in Fellbach zum Einkaufen aussieht.