Das Ecklokal im Stuttgarter Westen ist ein würdiger Nachfolger fürs legendäre Café Heller. Die Betreiber Franjo Kolak und Carlo Spanu haben mit der Neueröffnung ein glückliches Händchen bewiesen.

Stuttgart - Es geht locker zu im Netzer. Drei Freundinnen treffen sich zum Mittagstisch und haben ihre erkundungsfreudigen Kleinen dabei. An der langen Holztafel kommen die Gäste über Spaghetti und Bruchsaler Spargel schnell ins Gespräch. Und wer nur einen Espresso am Tresen kippen oder sich in die Tageszeitung vertiefen will, ist mindestens so willkommen. Das Netzer ist ein Wohlfühlort mit viel Licht und noch mehr guter Laune. Das ist gut so, denn die Enttäuschung war groß, als im vergangenen Jahr das legendäre Café Heller schloss und keiner so recht wusste, was folgen würde in den charmanten Räumen im Stuttgarter Westen.

 

Drinnen sitzt man wie im Aquarium hinter Glasscheiben, der Blick geht rein und raus. Manchmal sogar nach oben, wo Dutzende verspiegelte Glühbirnen einen Lichthimmel bilden, eine Art goldene Decke. So liebevoll ausgewählt wie die Ausstattung präsentiert sich auch die Küche. Morgens lässt sich bei Müsli und Porridge gut frühstücken, mittags gibt es eine überschaubares Angebot, ständig wechselnd, regional verankert.

Die Mischung ist das Geheimnis

Wir bestellen einen Spargelsalat mit Glasnudeln (8,90 Euro), der köstlich schmeckt. Die ungewöhnliche Mischung ist sein Geheimnis, rote Sprossen gesellen sich zu Frühlingszwiebeln, gegrilltes Gemüse wie Paprika und Zuckerschote rundet das Ganze ab. Nur die Avocado hätte reifer sein dürfen. Mit Granatapfel verfeinert und Pfeffer aufgepeppt ist das Spargelgericht der perfekte Frühlingsgenuss. Hübsch arrangiert und schön deftig sind die zwei Fleischküchle (10,90 Euro). Der Kartoffelsalat hat ein Häubchen aus Kresse, in einer kleinen Extraschüssel wird ein knackiger grüner Salatmix gereicht.

Wir haben Glück – die letzten zwei Portionen Joghurtcreme mit Erdbeeren (4,90 Euro) sind noch zu haben. Das ist ein erfrischender Abschluss der Mittagspause, das Dessert ist gespickt mit einem Cracker der besonderen Art. Limettenabrieb macht den Knabberspaß fruchtig. Dazu passt ein kräftiger Espresso (2.10 Euro).

Nach den ersten Anfangsschwierigkeiten – das Netzer musste, kaum offen, kurzfristig wieder schließen, weil es Ärger mit dem Gewerbeamt gab – ist das Ecklokal auf dem besten Weg, sich viele Freunde zu machen. Nicht nur tagsüber, auch abends, wenn Tapas und allerlei Cocktails serviert werden, ist der Laden voll. Und sommers sind die Bänke auf dem Gehweg die ideale Erweiterungsfläche fürs Partyvolk.

Die Betreiber Franjo Kolak und Carlo Spanu haben mit der Neueröffnung ein glückliches Händchen bewiesen, beide sind seit Jahren im Gastrogeschäft, haben sich einst im Café Scholz am Marktplatz kennengelernt. Kolak managt das Restaurant Columbus auf dem Campus der Uni in Vaihingen. Spanu betrieb selbst zwei Cafés und stieg dann auf Catering um. „Es ist wichtig, sich was Neues zu trauen“, sagt der Stuttgarter Kolak. Das ist wohl wahr.

Die Bewertung:

Küche *** +1/2 *

Service ***

Ambiente ****

****** =herausragend ****=überdurchschnittlich ***= gut **=Luft nach oben *= viel zu verbessern

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungsverhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.