Das Spiel mit Farben und Texturen macht dem bereits sternegekrönten Küchenchef Marc Müller Spaß. Die Ergebnisse sind immer wieder überraschend.

Stuttgart - Wie zielführend Umwege sein können, weiß Marc Müller ziemlich gut. Der Spitzenkoch, der während des Architekturstudiums eher zufällig in die Gastronomie hineingerutscht und ohne klassische Ausbildung äußerst erfolgreich ist, probiert gerne Neues aus. Erst holte er sich einen Stern im Gourmet-Restaurant 5, dann folgte ein skandinavisch inspiriertes Intermezzo im Smøgen. Seit ein paar Wochen besticht der Autodidakt mit gehobener Küche zu gehobenen Preisen im neu eröffneten Amici – wie früher halb Club, halb Restaurant. Eine bekannte Adresse im Zeppelin-Carré, die der Wasenwirt Michael Wilhelmer zusammen mit seinem Geschäftspartner Luigi nach einem Umbau wieder als Treff der Schönen und Prominenten etablieren will.

 

Die euro-asiatische Speisekarte mit allerlei Sushi-Variationen, aber auch Pasta oder Burger deluxe ist noch im Werden und Wandel. So dass die Kellner ihre Mühe haben, bei der Auswahl der Gerichte zu beraten. Das sei ihnen nachgesehen, sie wirbeln freundlich um die Terrassentische, fragen in der Küche nach. Wir starten mit einer cremig-frischen Burrata (16 Euro), einer Art geadelten Mozzarella, die nicht aus Apulien, sondern aus dem Schwäbischen kommt und ein wunderbar sahniges Herz hat. Sie wird serviert mit ein paar Tupfern Basilikumgel und einem Tomatenfarbenspiel, ein Leuchten in Gelb, Rot, Orange und Grün. Köstlich ist die süße Variante, ein Burrata-Eis, auf einer säuerlichen Essenz mit Johannisbeertee und Babytomaten. Fehlt nur der Löffel zum kühlen Glück.

Ein kulinarischer Ausflug in den Wildkräutergarten

In den Gourmetgarten führt der Wildkräutersalat (zwölf Euro) mit Kornblumen. Er kommt im Duett mit einem Mandarinen-Karottentatar, gekrönt von hübsch drapiertem Sauerklee. Auch leicht bitter ist die Estragoncreme, der ideale Kontrast zu den süßlichen Möhren. Schön fest und dennoch zart ist der Adlerfisch (29 Euro), dessen Fleisch am ehesten mit dem des Wolfsbarsch verglichen werden kann. Die japanische Zitrusfrucht Yuzu gibt der schaumigen Butter eine klare Note. Wunderbar bissfest ist das Radicchio-Risotto, auf dem reichlich Fenchelgemüse thront. Eine perfekte Kombination. Die Tagliolini al Tartuffo (15 Euro), feine Trüffelbandnudeln mit Trüffelschaum, sind hausgemacht – nicht nur ihr Duft ist verführerisch.

Etwas kompliziert ist die Weinbestellung, weil nicht klar ist, welche Karte gilt. Wir sind begeistert vom kräftigen Grauburgunder vom Weingut Manz in Rheinhessen und schwenken später auf den fruchtigen Lugana des italienischen Weinguts Ottella (je 0,2l für neun Euro) um. Das Zuppa Inglese (zehn Euro) führt kurz in die Irre, denn auf dem Teller ist mehr geboten: eine etwas wabbelige Panna Cotta mit Passionsfrucht, luftiger Zitronen-Anis-Kuchen, Creme brûlée Schokolade und Mocca-Panna-Cotta. Das süße Miteinander ist komplett überzogen von einer Schicht aus Lillet-Gelee. So kommt der Aperitif mal nicht im Glas daher. Ein Anblick wie ein halb zugefrorener See, der alles unterm Eis durchschimmern lässt. Beherzt stechen wir zu und bohren uns in die Leckereien.

Die Bewertung

Küche ****

Service ***1/2

Ambiente ***

***** = herausragend, **** = überdurchschnittlich, *** = gut, ** = Luft nach oben, * = viel zu verbessern

Die Beurteilung berücksichtigt auch das Preis-Leistungs-Verhältnis. Das günstige Lokal um die Ecke wird nach anderen Kriterien bewertet als ein Sternerestaurant. Der Test gibt Aufschluss über die Tagesform der Küche.