Gestaltungsfragen interessieren die Anwohner der Eberhardstraße nur in zweiter Linie. Sie wollen beim Umbau des Areals vor allem möglichst viele Parkplätze an der katholischen Kirche erhalten.

Ludwigsburg - Es wird schwer für den Gemeinderat. Die Debatte bei einer Informationsversammlung zur Sanierung der Ludwigsburger Eberhardstraße hat sich ganz auf die Frage der Parkplätze fokussiert, und am Ende gab es fast ein Patt : Eine knappe Mehrheit der 60 Teilnehmer am Montagabend im Kulturzentrum notierte auf bunten Karten als Botschaft an die Stadträte, sie müssten unbedingt sämtliche Parkplätze an der katholischen Kirche erhalten. Eine starke Minderheit dagegen forderte nicht minder vehement, den Platz um die Kirche ganz von Autos zu befreien. Wenn die Wünsche der Anlieger derart konträr liegen, sind heftige Debatten im Gremium programmiert.

 

Die Diskussion am Montagabend dagegen blieb bemerkenswert sachlich. Vielleicht lag es an den Schokoladenstückchen, die die Verwaltung jedem Gast auf seinen Stuhl gelegt hatte, vielleicht auch daran, dass es bereits um den zweiten Bauabschnitt ging. Die grundlegenden Fragen wurden schon bei der Diskussion über den ersten Abschnitt zwischen der Wilhelm- und der Bärenstraße geklärt. Am kommenden Montag gehen dort die Bauarbeiten los, sie kosten 430 000 Euro und sollen bis Mai fertig sein, wenn das neue Stadtmuseum seine Tore öffnet. Wann die Arbeiter für den zweiten Abschnitt anrücken, steht noch in den Sternen und hängt davon ab, wann die Stadt das nötige Geld dafür zusammenkratzen kann. Die Anlieger drangen darauf, den zweiten Schritt möglichst direkt an den ersten anzuschließen, damit sie dann ihre Ruhe haben vor Lärm und Dreck.

Hauptziel: Platzcharakter an der Kirche

Ein Hauptziel des zweiten Abschnitts zwischen der katholischen Kirche und dem Kaffeeberg sei, dass um die Kirche herum ein Platzcharakter entstehe, sagte Martin Kurt, der Stadtplanungschef. Daher werde das historische Muschelkalkpflaster erhalten. Außerdem soll das Areal um die Kirche und damit auch die Eberhardstraße gestalterisch an den Marktplatz angegliedert werden. Die Steinpoller und der Bordstein, die den Marktplatz heute noch abgrenzen, sollen verschwinden. Die Kirche dagegen wird optisch hervorgehoben.

Dieses Ziel steht in einem gewissen Widerspruch zu den Wünschen der Anwohner, die Parkplätze zu erhalten. Bislang gibt es an der Kirche 31. Kurt stellte drei mögliche Varianten der Neugestaltung vor: eine mit 26 Parkplätzen, eine mit 18, davon neun auf jeder Seite des Gotteshauses, wodurch deutlich mehr Platz für Außengastronomie entstünde, und eine ganz ohne Autos. Mit dieser gäbe es viel Platz für eine Außenbewirtschaftung und vielleicht auch für einen Brunnen, den es früher offenbar an der Kirche auf der Seite der Eberhardstraße gegeben hat. Ein Bürger schlug vor, ihn wieder einzurichten, Kurt versprach, es zu prüfen.

„Das Quartier lebt von den Parkplätzen“

Rechts und links des Gotteshauses wird es auf jeden Fall eng. Der Platz reicht kaum für die Kirchenzone, Parkplätze, die Fahrgasse, den Gehweg und Restauranttische. Es kamen viele Vorschläge, wie das Problem zu lösen wäre, aber alle hatten einen Haken. „Das Quartier lebt von den Parkplätzen, nur mit Schönheit kommen wir nicht weiter“, so forderte schließlich ein Anwohner, klare Prioritäten zu setzen, und er erntete zustimmendes Gemurmel.

Die Parkplatzgegner argumentierten, die Gestaltung des Platzes müsse die herausgehobene Bedeutung des Kirchengebäudes deutlich machen, aber auch ihre prägende Funktion für das Stadtleben.

Kommentar: Einen Versuch wäre es wert

Ludwigsburg - Keine Frage, ganz ohne Autos wäre der Platz um die katholische Kirche am Ludwigsburger Marktplatz am schönsten. Doch die Einzelhändler und Gastronomen dort wollen möglichst viele Parkplätze erhalten. Das war zu erwarten, das wollen Einzelhändler immer, weil sonst vermeintlich ihr Geschäft leidet. Das ist ihr gutes Recht. Um das zu erfahren, hätte die Stadt keinen aufwendigen Informationsabend veranstalten müssen. Aber die Bürger hatten die Chance, ihre Meinung zu artikulieren. Das ist ein Wert an sich und hilft am Ende vielleicht, die Entscheidung des Gemeinderats zu akzeptieren.

Allerdings stellt sich angesichts der Argumentation der Geschäftsinhaber schon die Frage, warum die Läden ihrer Kollegen am Marktplatz und an der Seestraße, wo man nicht vor der Tür parken kann, offenbar florieren – etwa die Apotheken. Es gibt viele andere in der Stadt mit Stellplätzen vor der Tür, trotzdem leiden die in der Fußgängerzone wohl nicht unter Kundenmangel. Der Fischhändler Andreas Seybold hat in Ludwigsburg mutmaßlich weniger Konkurrenz als die Apotheken, trotzdem reklamiert er kategorisch: „Ich brauche die Parkplätze!“ Eine Forderung von Gewicht, immerhin ist Seybold FW- Stadtrat.

Daher beschließt der Gemeinderat am Ende wohl einen Kompromiss und erhält einen Teil der Parkplätze. Damit will er allen halbwegs gerecht werden, aber keiner wird zufrieden sein: Den Händlern werden es zu wenige Stellplätze sein, den Verfechtern des leeren Kirchplatzes zu viele.

Wenn der Gemeinderat mutig wäre, würde er stattdessen ein überschaubares Experiment wagen. Die Fläche um die Kirche wird so gestaltet, dass man jederzeit Parkplätze einrichten kann. Warum also nicht einen Probelauf für ein Jahr ganz ohne Parkplätze beschließen und dann die Händler fragen, ob sie nicht wider Erwarten doch ganz zufrieden sind mit der Situation? Den Versuch wäre es wert.