Ludwigsburg will auf Haupt- und Nebenstraßen einen Gang runterschalten. Auch wenn diese Maßnahmen vielen Autofahrern zu weit gehen, im Kampf gegen den Lärm reichen sie nicht aus. Die Belastung für die Bürger bleibt hoch.

Ludwigsburg - Eine fast flächendeckende Tempobegrenzung in Ludwigsburg? Als vor fünf Jahren zuletzt über den Lärmaktionsplan diskutiert wurde, hielt das die Mehrheit im Gemeinderat für eine abstruse Vorstellung. Als am Donnerstag erneut über Maßnahmen zur Lärmminderung in der Stadt diskutiert wurde, stritten die Stadträte nur noch darüber, wo man lieber Tempo 40 und wo lieber Tempo 30 haben möchte. Ihre größte Angst: eine Stadt der verschiedenen Geschwindigkeiten. Die Mehrheit ist gegen einen Flickenteppich.

 

„Vieles ist besser geworden“

Geändert aber hat sich in den vergangenen fünf Jahren nicht nur die Einstellung der Räte, sondern auch das Gesetz, wie Gerhard Ressler im Mobilitätsausschuss des Gemeinderats erläuterte. Zum einen sei es Kommunen dank eines Gerichtsentscheids im Jahr 2018 leichter gemacht worden, die Geschwindigkeit auch auf Bundesstraßen zu reduzieren, sagt der Verkehrsexperte aus dem Fachbereich Nachhaltige Mobilität. Zum anderen seien auch die Grenzwerte stetig angehoben worden. „Dadurch ist leider der Eindruck entstanden, das mit dem Lärm und der schlechten Luft sei in Ludwigsburg ganz besonders schlimm“, sagte der CDU-Stadtrat Klaus Herrmann. „Aber tatsächlich haben wir Fortschritte gemacht. Vieles ist sehr viel besser geworden.“

Ressler wies das Gremium allerdings daraufhin, dass Ludwigsburg trotz der angepeilten ehrgeizigen Lärmschutzmaßnahmen hinter der Zielvorgabe herhinke: „Auch wenn wir alles umgesetzt haben, werden wir noch viele Bereiche haben, in denen der Lärm gesundheitsgefährdend ist.“ Selbst da, wo sich die Messwerte im grünen Bereich bewegten – also zwischen 55 und 59 Dezibel am Tag und 45 und 49 Dezibel in der Nacht – könne man nicht zufrieden sein. Auch dort bestehe grundsätzlich noch immer ein Gesundheitsrisiko für die Anwohner. „Tempo 40 mindert den Lärm um 1 bis 1,2 Dezibel, das ist unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, Tempo 30 mindert ihn um 2,5 bis 2,7 Dezibel, das ist dann spürbar“, sagte Ressler. „Der Effekt entspricht einer Halbierung der Verkehrsmenge, aber leider nicht einer Halbierung des Lärms.“

Lärmoptimierter Asphalt ist keine Option mehr

Mit Tempolimits allein seien die Probleme also nicht zu lösen. Zu weitergehenden Maßnahmen gehöre die Förderung von Lärmschutzeinbauten in Wohnungen in der Stadt. Doch dafür fehle der Stadt in der Corona-Krise das Geld, sagte Gerhard Ressler. Auf den sogenannten Flüsterasphalt will Ludwigsburg nicht mehr setzen: „Das haben wir gemacht, aber wir haben festgestellt, dass die Wirkung schon bald nachlässt.“

Am Ende einigten sich die Stadträte auf eine lange Liste von Straßen, in denen schon bald die Geschwindigkeit gedrosselt werden soll. Im Detail: Für Abschnitte der Heilbronner-, Marbacher- Aldinger-, Kepler-, Schwieberdinger-, Schorndorfer-, Ost-, Bebel-, Kurfürsten- und Martin-Luther-Straße soll Tempo 40 beantragt werden. Tempo 30 soll dagegen in der Leonberger-, Solitude-, Mathilden-, Abel-, Asperger-, Hofer- und Schlieffenstraße sowie der Gänsfußallee eingeführt oder verlängert werden. Dieses Konzept soll auch auf Außerortsstraßen ausgedehnt werden: Etwa in Richtung Neckarweihingen oder in die Südstadt, wo das Limit bis zum Ende der besiedelten Bereiche gelten soll.

Tempo 50 auf der Wilhelm-Straße

Margit Liepins beanstandete, dass ausgerechnet in der Wilhelm-Straße weiterhin Tempo 50 gelten solle: „Warum nehmen wir die Straße raus?“ Hier nehme man Rücksicht auf den dort besonders regen Busverkehr, der anders seinen Takt nicht halten könne, sagte der Bürgermeister Michael Ilk. Mittelfristig aber werde das wohl auch noch angepasst. Die CDU und die Freien Wähler machten deutlich, dass sie die Idee, auf Tempo-40-Strecken nachts das Tempo auf 30 Kilometer pro Stunde herabzusetzen, ablehnen. Die Verwaltung will dies trotzdem testen.