Michael Buback, der Sohn des 1977 ermordeten Generalbundesanwalts Siegfried Buback, hat seine umstrittenen Thesen verteidigt. Die Schüler des Friedrich-Schiller-Gymnasiums haben sie mit Staunen vernommen.

Ludwigsburg - Die Geschichte des deutschen Linksterrorismus ist harte Kost und die Nacherzählung der vielen Zeugenaussagen und Ermittlungspannen im Umfeld des Mordes an Siegfried Buback hochkomplex. Trotzdem haben die Schüler der 10. Klassen und der Kursstufe am Friedrich-Schiller-Gymnasium ausdauernd gelauscht, als ihnen Michael Buback, der Sohn des damaligen Generalbundesanwalts, seine Sicht auf die Ereignisse im April 1977 präsentierte. Fünf Jahre lang hat der Professor für Chemie darum gekämpft, dass die seiner Ansicht nach wahren Täter auf die Anklagebank kommen. Ohne Erfolg. Inzwischen ist er sich nicht einmal mehr sicher, ob er die ganze Wahrheit wissen möchte: „Ich glaube, das käme einem Erdrutsch gleich. Die Wahrheit wäre sehr hart für die ganze Bundesrepublik.“

 

„Kaum fassbare Dinge“

Zur Vorbereitung auf diesen Vortrag zur jüngeren Geschichte hatten die meisten Schüler den Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ gesehen. Ansonsten habe ihnen ihr Geschichtslehrer ein paar Rohdaten zu den Ereignissen geliefert, erzählte Leon Heckmann, Zehntklässler und Mitglied der Debattier AG. „Ich werde über kaum fassbare Dinge referieren“, sagte Buback. „Es wäre also wenig verwunderlich, wenn ihr am Ende verdutzt dreinschauen würdet.“

Mit seinen Ausführungen aber hatte Michael Buback vor allem den kriminalistischen Spürsinn der Jugendlichen geweckt. Sie wollten von ihm wissen, aus welchem Motiv heraus die RAF-Terroristen seinen Vater ermordet haben, und warum der Verfassungsschutz Verena Becker schütze – denn zu dieser These ist Buback nach fünf Jahren Recherche gelangt.

Durch die jüngsten Enthüllungen über die Mordserie der Rechtsterroristen der NSU fühlt er sich darin noch bestärkt: „Bis dahin hat man mich als verwirrten Traumatiker beschimpft“, sagt der Professor aus Göttingen. „Doch dass innerhalb weniger Wochen vier Präsidenten des Verfassungsschutzes zurückgetreten sind, zeigt, dass es auch da Wechselwirkungen gibt.“ Offenbar seien sich hier „Welten, die sich eigentlich bekämpfen“, zu nah gekommen.

Der Goliath gibt den Kampf auf

Buback, der sich nach eigener Aussage bis 2007 nicht um die Mordermittlungen gekümmert hat, ist mittlerweile nicht nur davon überzeugt, dass Verena Becker die Todesschüsse abgegeben hat, er glaubt auch, dass der Verfassungsschutz wiederholt schützend die Hände über sie gehalten hat. Verurteilt wurden andere. Insgesamt 28 Zeugenhinweise, die von einer zierlichen Frau auf dem Sozius sprachen – Verena Becker ist 1,64 Meter – seien systematisch ignoriert worden.

Sein Resümee nach fünf Jahren: „Wissen, das nicht von Macht begleitet ist, trägt nicht weit.“ Er könne seine Behauptung nicht beweisen, und er sei dafür angefeindet und verspottet worden. „Aber es hat in der ganzen Zeit niemand auch nur einen substanziellen Beleg gegen meine Auffassung vorgebracht.“ Den jüngsten Prozess gegen Becker am Stuttgarter Oberlandesgericht hält er für ein Farce. Offenbar werde erneut versucht, die Exterroristin zu schützen, indem man sie nur der Beihilfe bezichtige. Damit könne sie nie mehr für den Mord an seinem Vater belangt werden.

„Wir haben eine sehr deutliche Vorstellung von dem gewonnen, was damals geschehen ist“, sagt Buback. Aber er gibt auf: „Meine Frau und ich haben beschlossen, den einsamen Kampf Davids gegen Goliath nicht mehr weiter zu führen.“