Die Landesvorsitzende erinnert an die Chance, bei der Wahl Frauen in die Gremien zu wählen. Denn längst finden manche, dass der Name Landfrauen in die Irre führte und der Zusammenschluss viel politischer sei als angenommen.

Familie/Bildung/Soziales: Hilke Lorenz (ilo)

Ludwigsburg - Ein Saal, in dem mehr als 600 Frauen zusammensitzen, wirkt offenbar überaus beeindruckend. Zumindest ist die Wirkung dieser weiblichen Übermacht auf die Handvoll Männer so stark, dass weder Ludwigsburgs Oberbürgermeister Werner Spec noch der Landrat Rainer Haas die Umkehrung der Verhältnisse in ihren Grußworten anlässlich des Kreisfrauentags unerwähnt ließen.

 

Denn wenn die Frauen das, was ihnen die Landesvorsitzende Hannelore Wörz zu bedenken anheim stellt, wären sie eine echte politische Macht. Mit Blick auf die für den 25. Mai anstehende Kommunalwahl sagte Wörz: „Bedenken Sie, Sie können mit Ihren Stimmen die Frauen stützen, die auf den Listen stehen. Ich möchte Sie bitten, das zu bedenken.“

Niemand muss mehr aus der Landwirtschaft kommen

So unpolitisch, wie man ihnen auf Grund ihres Namens gerne unterstellt, sind die Landfrauen also nicht. Auch wenn sie sich im Bürgersaal des Forums zu einer überdimensionalen Kaffeerunde mit Begleitprogramm und viel Gespräch zusammengefunden haben. „Der Name führt vielleicht in die Irre“, sagt die Markgröninger Ortsvereinsvorsitzende Dorothee Hanschek. Sie ist selbst Apothekerin und durch ihre Mutter, die mit 94 Jahren noch immer regelmäßig zu den Treffen geht, Landfrau geworden. Der Acker, das Vieh im Stall oder der Bauernhof gehören schon lange nicht mehr zu den Voraussetzungen, um dem Verein beitreten zu dürfen. Und niemand müsse Kuchen backen, sagt Hanschek, um möglichen Interessentinnen die Furcht vor hausfraulicher Vereinnahmung zu nehmen. Die Vietnamesin Nguyet Lan Vu Ngo hat das Angebot für gemeinsame Unternehmungen angenommen. „Mein Kinder studieren, ich war einsam“, sagt die Frau aus Markgröningen. Seit zwei Jahren ist sie im gleichen Ortsverein mit von der Partie wie die Landwirtin Helga Reutter. Die 56-Jährige ist erst vor fünf Jahren zu den Landfrauen gekommen, nachdem sich ihr Betrieb von der Viehzucht verabschiedet hat und sie mehr Zeit für eigene Aktivitäten hat.

„Jede Frau kann bei uns Mitglied werden“, sagt die Ludwigsburger Kreisvorsitzende Marie-Luise Linckh – „egal wie alt sie ist, welchen Beruf oder welche Konfession sie hat“. Die Idee hinter dem Zusammenschluss von Frauen aus dem ländlichen Raum: sie wollen die Rahmenbedingungen für das Leben von Frauen aus dem ländlichen Raum verbessern. Ihre Vertreterinnen sitzen im Landesfrauenrat und andern Gremien, um ihre Interessen zu vertreten.

Landfrauen machen Lobbyarbeit für Frauen

Als sich die Landfrauen nach dem Krieg 1947 auf Initiative von Marie Luise Gräfin Leutrum gründeten, ging es für viele Frauen aus der Landwirtschaft schlicht darum, sich jenseits der Arbeit mit anderen Frauen auszutauschen. „Es gab die Feuerwehr und die Landfrauen“, sagt Gertraud Zeisberger vom Möglinger Ortsverein und fasst damit die Ausgangslage anschaulich zusammen. Heute geht es wesentlich kämpferischer zu. Daran erinnerte bei der Ludwigsburger Zusammenkunft die Landesvorsitzende: Mit Unterschriftenaktionen haben sich die Landfrauen für politische Forderungen wie etwa der gleichen Bezahlung von Frauen und Männern für gleiche Arbeit stark gemacht. Ebenso wie für die Anrechnung von Rentenjahren für Frauen, die vor 1992 Kinder geboren haben. Sie haben sich eingesetzt für die Ausweitung der Mammografie im Kampf gegen den Brustkrebs.

Und in den Zeiten von Landlust und Foodsharing ist das Wissen um Ernährung und Nahrungsmittelverschwendung längst kein altbackenes mehr. Jetzt müssen die Landfrauen nur noch ihr Nachwuchsproblem in den Griff bekommen.