Zwei Ärzte des Ludwigsburger Krankenhauses helfen beim Aufbau einer Kardiologie in Armenien. Wenn sie in der Hauptstadt Jerewan sind, operieren sie im Akkord – doch bald sollen die Kollegen vor Ort übernehmen.

Ludwigsburg - Wer in Armenien unter Herzrhythmusstörungen leidet, hat ein Problem. Denn der kleine Staat im Kaukasus gehört nicht nur zu den ärmsten Ländern der Welt, sondern auch zu denen, die in diesem medizinischen Bereich extrem unterversorgt sind. Doch das soll bald anders sein: Zwei Ärzte des Ludwigsburger Krankenhauses, Christian Wolpert und Norman Rüb, helfen in ihrer Freizeit beim Aufbau einer Kardiologie in der armenischen Hauptstadt Jerewan.

 

Als Norman Rüb im Jahr 2012 mit Christian Wolpert das erste Mal nach Armenien flog, war er überrascht: Jerewan wirkte auf ihn wie eine moderne europäische Stadt – mit einem nagelneuen Flughafen. Im Krankenhaus war die Lage jedoch etwas anders. In puncto Hygiene sei das Kardiovaskuläre Hospital zwar vorbildlich gewesen, „aber die Standards der Ausstattung waren schon sehr unter dem Niveau, das wir bei uns gewohnt sind“, erzählt Rüb. Kurz vor ihrer Ankunft waren zwar immerhin ein gebrauchtes Röntgengerät sowie eine weitere Anlage zur Katheterbehandlung von Herzkrankheiten aus Dänemark gespendet worden. Doch die armenischen Mediziner hatten nie gelernt, wie solche Geräte bedient und Katheterbehandlungen durchgeführt werden.

Operationen im Akkord

Deshalb waren alle Patienten, die solch eine Operation benötigten, auf den nur wenige Tage dauernden Besuch von Rüb und Wolpert vertröstet worden. Die beiden Kardiologen operierten im Akkord, um möglichst vielen Menschen mit Herzproblemen helfen zu helfen können. Doch obwohl die Eingriffe für sie Routine sind, sei das nicht ohne gewesen, sagt Rüb: „Wenn es doch einmal Komplikationen gibt, ist nicht das gleiche Back-up vorhanden wie in Deutschland.“ Es gehe zwar sehr selten etwas schief bei den Katheterbehandlungen, doch es sei schon ein ganz anderes Gefühl, den Eingriff vorzunehmen, ohne das Notfallmanagement und die „Super-Intensivstation“ des Ludwigsburger Krankenhauses in der Nähe zu wissen.

Inzwischen konnte durch das Hilfsprojekt, das Wolpert und Rüb zusammen mit ihrem dänischen Kollegen Sam Riahi leiten, in dem öffentlichen Herzkreislaufinstitut in Jerewan ein Herzkatheterlabor eingerichtet werden. Das ist unter anderem mit einem statischen und einem mobilen Ultraschallgerät, einem gemieteten sogenannten Herzkatheterdurchleuchtungseinheit, 18 Überwachungsmonitoren, vier Defibrillatoren und zwei Sterilisatoren ausgestattet, so dass die speziellen Herzbehandlungen möglich sind.

Reger Austausch mit armenischen Kollegen

Seit dem Start des Programms im Jahr 2011 reisen Wolpert, Rüb und Riahi einmal im Jahr nach Jerewan, um zu operieren und ihre Kollegen zu schulen. Zudem werden die armenischen Mediziner in europäischen Kliniken – unter anderem in Ludwigsburg – ausgebildet, denn langfristig sollen sie in der Lage sein, selbst zu operieren. Im September wird deshalb ein junger Kardiologe aus Jerewan für ein zweijähriges Stipendium der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie an das Ludwigsburger Klinikum kommen. Doch Christian Wolpert geht davon aus, dass der Durchbruch schon vor dem Ende von dessen Ausbildung geschafft sein wird: „In einem Jahr sind die dortigen Kardiologen so weit, selbst zu operieren“, ist er überzeugt.