Das Unfallopfer liegt noch heute im Koma. Ein Zeuge belastet den Verursacher einer folgenschweren Kollision vor dem Amtsgericht Ludwigsburg schwer. Dennoch kommt der Angeklagte mit einer Bewährungsstrafe davon – aus Mangel an Beweisen.

Ludwigsburg/Schwieberdingen - Was am 7. April 2014 auf der B 10 bei Schwieberdingen passiert ist, „liegt an der Obergrenze dessen, was wir üblicherweise am Amtsgericht verhandeln“, sagte der Vorsitzende Richter Karl-Friedrich Engelbrecht. Andere Prozessbeteiligte sprachen von einer Tragödie oder einem Unfall mit katastrophalen Folgen für zwei Männer und deren Familien. Bei einem Frontalaufprall ist ein Autofahrer so schwer verletzt worden, dass er seither ein Pflegefall ist. Auch sein Beifahrer ist berufsunfähig und leidet unter permanenten Schmerzen.

 

Am zweiten Verhandlungstag hat ein Zeuge den wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagten Berufskraftfahrer schwer belastet. Er sei auf einer etwa zehn Kilometer langen Strecke hinter dessen Sprinter hergefahren. Der Wagen sei ihm aufgefallen, weil er wiederholt geschlingert sei. „Nach meiner Einschätzung war der Fahrer übermüdet“, sagte der Zeuge. Mehrmals habe er den vor ihm fahrenden 66-Jährigen per Hupe oder Lichthupe zum Anhalten aufgefordert. „Aber er ist nicht herausgefahren“, sagte der Zeuge. Da er den Mann nicht überholen konnte, habe er aus Sicherheitsgründen den Abstand zu ihm weiter vergrößert. Wenig später sei das Fahrzeug tatsächlich auf den Grünstreifen geraten, nach etwa 50 Metern wieder auf die Straße zurückgeschanzt und auf die Gegenfahrbahn gerast. Da vor dem Sprinter ein Sattelschlepper fuhr, habe der Unfallfahrer offenbar versucht, einen Auffahrunfall zu verhindern. „Ich wünsche niemand etwas Schlechtes“, sagt der 69-jährige Zeuge. „Aber es wäre sicher besser gewesen, er wäre auf den Lastwagen aufgefahren. Da wäre weniger passiert.“

Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Fahrer eingeschlafen ist

Tatsächlich spreche viel dafür, dass der Unfall durch eine körperliche Beeinträchtigung erfolgt sei, sagte der Richter. Aber es gebe keine hinreichenden Beweise. Auch die Staatsanwältin hält es für sehr wahrscheinlich, dass der Fahrer eingeschlafen war, fügte jedoch hinzu: „Wir können es aber nicht mit Gewissheit sagen.“ Der Angeklagte hatte angegeben, er könne sich an nichts mehr erinnern, er wisse nicht, wie es zu dem Unfall gekommen sei. „Vielleicht will er sich ja nur nicht erinnern“, meinte die Staatsanwältin. Er habe sich in hohem Maße pflichtwidrig verhalten, was zu dem fatalen Fahrfehler geführt habe.

Die Nebenklagevertreter vermissten eine persönliche Entschuldigung oder irgendein Zeichen der Anteilnahme: „Er hat sich nicht einmal nach dem Zustand der Opfer erkundigt“, sagte der Anwalt des seit April im Koma liegenden Fahrers, einem Vater von zwei Kindern. „Außerdem hat der Angeklagte die Chance vertan, hier zur Aufklärung beizutragen.“ Das hätte den Unfall zwar nicht ungeschehen gemacht, aber die Angehörigen hätten wenigstens gewusst, wie es dazu gekommen ist.

Angeklagter trage schwer an seinen Schuldgefühlen

„Das Leid der Unfallopfer und der Familien ist durch ein Strafverfahren nicht zu lindern“, meinte der Verteidiger. Auch nicht durch eine lange Haft seines Mandanten, der im Übrigen schwer an den Schuldgefühlen trage. Er hielt eine dreimonatige Freiheitsstrafe und einen einmonatigen Führerscheinentzug für ausreichend.

Das Gericht verurteilte den 66-Jährigen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung, drei Monaten Fahrverbot und einem Bußgeld von 2500 Euro. Die Staatsanwaltschaft hatte neun Monate Haft und die Zahlung von 4000 Euro gefordert.