Der Ludwigsburger Theatersommer 2013 beginnt mit einer experimentellen Bearbeitung von Schillers „Die Räuber“. Für die Kinder wird „Momo“ auf der Freilichtbühne gespielt.

Ludwigsburg - Eigentlich sind Schillers „Räuber“ zu Tode inszeniert. Nicht einmal mehr die konservativsten Deutschlehrer verschließen die Augen vor den offensichtlichen Mängeln des Stücks: Es ist dramaturgisch unausgegoren und ein ständiges Schwanken zwischen einem ganz hohen, überspannten Ton und der Handlung einer Klamotte, zwischen einem Vater-Sohn-Drama und abseitiger Räuberromantik. Peter Kratz hat sich davon nicht abschrecken lassen, der Regisseur des Ludwigsburger Theatersommers hält es damit wie der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki: Er liebt das Schauspiel trotz oder gerade wegen seiner Geschwätzigkeiten. Er nutzt die Schiller’schen Schwachstellen, um eigenwillige Regieeinfälle zu platzieren. Am Mittwoch, 12. Juni, hat seine Deutung des Sturm-und-Drang-Klassikers Premiere.

 

Gealterter Heißsporn

Kratz nähert sich dem Stück aus der Jetztzeit. Sein Kunstkniff: Karl Moor ist in der Festung Hohenasperg schlicht vergessen und nun nach 250 Jahren entlassen worden. Der Wiedergänger ist nur so stark gealtert, dass er nun wie sein eigener Vater aussieht – was für das kleine Freilichttheater den praktischen Nutzen hat, dass der Schauspieler Andreas Klaue sowohl den jungen als auch den alten Moor verkörpern kann. Der Räuber aus fernen Feudalzeiten hat diverse psychiatrische Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen, um schon bei seinem ersten Auftritt sagen zu können: „Nicht ich bin verrückt, sondern meine Geschichte.“ „Für mich sind diese Räuber eine experimentelle Sache“, sagt Kratz. Auf dem Spielplan steht darum nur: frei nach Friedrich Schiller. Das ganze Stück über darf dieser Karl Moor immer wieder aus seiner Rolle heraustreten. Etwa, um Schillers Original-Regieanweisungen mitzuteilen, oder um die Zuschauer aufzufordern, den ausführlichen Text doch bitte selbst im Reclamheft nachzulesen. Die Schiller’sche Revolte bleibt gebrochen. Indem er den pubertären Heißsporn Karl Moor durchweg von einem Mann in fortgeschrittenem Alter spielen lässt, führt er das vitale Moment des Aufbegehrens ad absurdum.

„Momo“ kommt wieder

Zur Neuinszenierung der Räuber kommen diese Saison zwei Wiederaufnahmen von erfolgreichen Stücken aus dem Vorjahr: „Harry und Sally“ sowie „Die Kinder des Olymp“, beides Bühnenbearbeitungen berühmter Filmklassiker. Bei der Umsetzung von Marcel Carnés „Kinder des Olymp“ hat sich Kratz eng an Jacques Préverts Dialoge gehalten und es – wie er sagt – „im Geist des Cluss-Gartens aufpoliert“. In Nora Ephrons „Harry und Sally“ werden die Geschlechterrollen so durchgespielt, dass genügend Pointen abfallen, die auch auf der Theaterbühne zünden. Mit der Neuinszenierung von Woody Allens „Mittsommernachts-Sex-Komödie“ geht für Christiane Wolff ein lang gehegter Traum in Erfüllung. „Ich muss nicht wie sonst mit vier Schauspielern arbeiten, die acht Rollen spielen“, sagt sie. Diesmal leistet sich das Team vom Theatersommer dafür den Luxus eines eigenen Ensembles. Das Stück würde auch gar nicht mit Doppelbesetzungen funktionieren, sagt Wolff, die für die Abteilung Kindertheater und Komödien zuständig ist. Die Handlung fordert, dass meist bis zu sechs Akteure gleichzeitig auf der Bühne stehen. Allens Komödie hat am 7. August Premiere.

Für die Kinder steht in diesem Jahr Michael Endes „Momo“ auf dem Programm. Das Fantasiespiel um eine Schildkröte war erstmals 2009 im Clussgarten zu sehen.