Die Ruhe nach dem Sturm: Die ganz große Wut ist verraucht, eine leise Wehmut aber ist geblieben: Die protestierenden Laubenpieper von der Frommannkaserne sind umgezogen – und die Stadt Ludwigsburg macht auf Schönwetter.

Ludwigsburg - Aus der Ferne sieht die neue Kolonie wie ein Neubaugebiet aus einer inzwischen fernen Vergangenheit aus. Aus einer Zeit, in der noch niemand von Nachverdichtung, Reihenhaus oder Blockrandbebauung redete, sondern jedes Gebäude für sich stand und von einem Vorgarten mit Rasen, Blumen, Salat oder Tomaten umgeben war. Allerdings mit einem feinen Unterschied: Die Gebäude, die da am südlichen Markungsrand von Ludwigsburg zu sehen sind, wurden im Kleinformat errichtet – und alle sind aus Holz. Die Besiedlung der neuen Schreberkolonie Römerhügel ist fast abgeschlossen, am 25. September will die Stadt ein kleines Fest für die Kleingärtner ausrichten – als Versöhnungsgeste.

 

Auch wenn manche ihr Gütle schon im Frühjahr bezogen haben, das Gartenjahr 2018 wird nicht als gärtnerischer Rekord in die Annalen eingehen. Die Bäume sind jung und die Hecken licht. Es wird wohl noch einige Vegetationsphasen dauern, bis die Parzellen ihren Bewohnern die Geborgenheit bieten, die sie von einem Schrebergarten erwarten – also das, was sie über Jahrzehnte auf dem Gelände der ehemaligen Frommanngelände hatten und was sie 2017 auf Druck der Stadt aufgeben mussten.

Die Älteren haben aufgegeben

Die Grundstücke seien eingefriedet und mittlerweile auch die meisten Kleingärtner wieder befriedet, meint Norbert Heselmann. Die hohe Zeit von Streit, Ärger und Wut liege lange zurück. „Beim Umzug ging eigentlich alles reibungslos“, sagt der Vorsitzende der Ludwigsburger Gartenbaufreunde. „Es ist aber natürlich für alle eine Umgewöhnung.“ Die Kleingärtner hatten jahrelang gegen ihre Verpflanzung protestiert. Vielen sei der Wechsel vom Gebiet Waldäcker auf den Römerhügel schwer gefallen: „Das tut mir auch persönlich leid“, sagt der Chef von sieben Schreberkolonien in der Stadt. Denn längst nicht alle sind der Gemeinschaft treu geblieben. „Viele von den Älteren haben aufgegeben“, sagt Heselmann.

Gab es an der Frommannkaserne insgesamt 150 Parzellen, sind es am Römerhügel 105. Davon werden nur 80 von Umzüglern bewohnt, die übrigen sind an Neupächter vergeben worden. Die Hütten gibt es in zwei Größen – neun und 15 Quadratmeter – und das Holz in vier Farbtönen: Eiche hell, Eiche dunkel, Teak oder Nussbaum. „Die meisten haben sich für Eiche hell entschieden“, sagt Anton Seger, der Obmann der neuen Römerhügelkolonie, „damit wirkt das auch schön einheitlich.“ Jeder Gütlebesitzer, der umgezogen ist, hat 1000 Euro von der Stadt bekommen – als Starthilfe.

Gewerbe contra Schrebergärten

Seit 2011 schwebte über den Laubenpiepern der Frommannkaserne die Drohung einer Räumung. Konkret wurde es aber erst fünf Jahre später, als die Stadt einen dicken Fisch am Haken hatte: Das Gewerbe im Gebiet Waldäcker soll expandieren können und ein großer Konzern habe die Absicht, dort zu bauen. Also ging für die Kleingärtner plötzlich alles sehr schnell: Von August 2017 an mussten sie ihre Grundstücke verlassen und zum Römerhügel umziehen.

Als dann aber Ende 2017 alle Gärten verlassen waren, zeigte sich, dass so viel Eile gar nicht nötig war: Der Deal mit dem Wunschpartner – die Firma Porsche Logistics – platzte, weil der Gemeinderat gegen eine Ansiedlung stimmte: Logistic?, hieß es, das bringt nur viel Verkehr. Auch wenn ihr angestammter Grund nun brach liegt, für die Kleingärtner kam diese Kurskorrektur zu spät. Und, so die Argumentation im Rathaus, der Umzug wäre damit auch nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Das Gewerbegebiet bei der Autobahnauffahrt Süd soll auf jeden Fall vergrößert werden.