Während Konkurrenten ihre Mooswände wieder abmontiert haben, machen die Partner des Ludwigsburger Moos-Tex-Experiments weiter. Ihr Konzept soll serienreif werden.

Ludwigsburg - Moos gilt als so widerstandsfähig, dass es im Hochgebirge als auch in der Wüste überleben kann. An einer viel befahrenen Bundesstraße allerdings kommt auch diese Wunderpflanze an ihre Grenzen. Die Moose, die 2017 zu Beginn eines Tests an der Kreuzung der Frankfurter- mit der Katharinenstraße in Ludwigsburg aufgestellt wurden, sind verkümmert oder ganz tot. Dennoch sind die Initiatoren der Forschungsreihe vollauf zufrieden. Die Ergebnisse seien so gut, dass man plane, serienreife Module für Lärmschutzwände zu entwickeln, sagte Andreas Kugler von der Züblin AG.

 

„Man darf sich nicht durch das Erscheinungsbild der Moose täuschen lassen“, sagt Hans Müller von der Firma Helix Pflanzen. Die ersten Pflänzchen seien tatsächlich abgestorben, aber die Experten hätten im Laufe der drei Jahre viel dazu gelernt. Darum sei die Mooswand an der B 27 mehrmals neu ausgerichtet worden. Zudem habe man immer wieder andere Moosarten erprobt. Anders als die Konkurrenten von Mann + Hummel, die am Karlsplatz mit einer Mooswand experimentiert, diese aber Anfang 2020 als gescheitert betrachtet und wieder abgebaut haben, will das Moos-Tex-Team weitermachen. „Die Forschungsphase ist jetzt abgeschlossen, nun möchten wir ein Pilotprojekt anschließen, irgendwo im Großraum Stuttgart“, sagte Kugler. Details zum Standort wollte er noch nicht nennen. Bei diesem Pilotprojekt werde die Moosfläche zwischen 100 und 150 Quadratmeter groß sein. Also deutlich über die kleine Paneelen in Eglosheim hinausgehen.

Pilotprojekt im Großraum Stuttgart geplant

Die größten Probleme seien gelöst worden, sagt selbstbewusst der Vertreter des dritten Partners beim Moos-Tex genannten Experiment, Christoph Riethmüller vom Deutschen Institut für Textil und Faser-Forschung (DITF) in Denkendorf. Denn Moose haben keine echten Wurzeln, weshalb sie eigentlich nie in der Vertikalen wachsen. Außerdem kommen sie zwar mit wenig Wasser aus, leiden aber sehr wenn es in bestimmten Phasen ganz ausbleibt.

Wachstum ohne Wurzeln

Die DITF habe nun ein ideales Textilgeflecht entwickelt, auf dem die kleinen Pflänzchen sich einhaken und gedeihen könnten, sagte Riethmüller. Im übrigen habe man ein Bewässerungssystem entwickelt, das ebenfalls in der Vertikalen funktioniere, ergänzte Helix-Geschäftsführer Müller: „Wir haben die Bewässerung bei diesen Modulen nach innen gelegt.“ Wichtig sei es, dass die Moose entweder Regenwasser oder enthärtetes Wasser bekämen.

„Zur Versorgung der Mooswand haben wird in Eglosheim eine Zisterne gegraben“, sagt Bernd Wenger vom Fachbereich Tiefbau und Grünflächen. „Das hat völlig ausgereicht.“ Ludwigsburg würde sich gern um ein Anschlussprojekt bewerben, sagt Michael Ilk. „Die Lärmschutzwand am Ortsausgang in Eglosheim ist baufällig, die müssen wir auf jeden Fall erneuern“, sagt der Bürgermeister.

Kombination aus Lärmschutz und Luftreinhaltung

Vielleicht könne man sie als Lärm- und Klimaschutzwand neu aufbauen – also mit Moospaneelen. „Damit hätten wir einen Zusatzeffekt: Zum Lärmschutz käme die Reinigung der Luft sowie Kühlung an heißen Sommertagen hinzu. Ilk glaubt, dass das vom Bund gefördert werden könnte. Genau mit diesem Zusammenspiel möchten auch die Partner des Moos-Tex-Experiments punkten. Die Moosmodule seien sehr leicht und damit auch leicht in entsprechende Lärmschutzwände zu integrieren. „Die Firma Züblin möchte ein modulares Wandsystem entwickeln“, sagt Kugler: „Wir leisten dadurch einen Beitrag zur Luftverbesserung.“

Genau genommen leisteten den die Moose, die Stickstoff und CO2 aus der Luft „verstoffwechseln“, wie Riethmüller sagt. „Die essen, was für uns Schadstoffe sind.“ Die Zahlen darüber, wie viel Feinstaub die Pflanzen aus der Luft filtern können, variieren. Dennoch sind die Experten zuversichtlich: „Lärmschutz in Kombination mit Moosmodulen könnte schon bald wirtschaftlich sein“, meint Kugler.