Nachdem der Jugendgemeinderat einen diskriminierenden Internetbeitrag mit „Gefällt mir“ markiert hat, greift die Ludwigsburger Stadtverwaltung ein: Fortan müssen die Jugendlichen sämtliche Aktivitäten im Netz vorher absprechen.

Politik: Lisa Kutteruf (lis)

Ludwigsburg - Ludwigsburger Kanacken mit 20 000 Euro und Geschäftssinn“ steht über dem Bild der Seite von Ludwigsburgthings. Auf dem Bild ist ein düster dreinblickender Geselle abgebildet, der mit dem Finger auf seine offene Hand zeigt. „Shishabar“ steht daneben. 482 Nutzern der Internetplattform Instagram gefällt der Beitrag – darunter bis vor Kurzem auch der Ludwigsburger Jugendgemeinderat. Das hat nun mächtig Ärger ausgelöst. Als die Stadtverwaltung von der Reaktion auf den rassistischen Beitrag erfuhr, reagierte sie umgehend. Sie drängte die Jugendgemeinderatsmitglieder dazu, die Gefällt-mir-Reaktion zurückzunehmen – und verschärfte die Regeln für Social-Media-Aktivitäten.

 

Inzwischen haben Jugendräte und Stadtverwaltung eine gemeinsame Stellungnahme zu der Seite auf dem sozialen Netzwerk Instagram herausgegeben. „Stadtverwaltung und Jugendgemeinderat distanzieren sich von jeglichem rassistischen, diskriminierenden und beleidigenden Gedankengut“, heißt es darin. Bei den „Likes“ („Gefällt-mir“-Reaktionen) für die Seite Ludwigsburgthings handle es sich um eine unbedachte Handlung eines Mitglieds des Jugendgemeinderats, das keineswegs rassistische Gedanken unterstütze. Um die Person zu schützen, nennt die Stadt keine Namen, betont aber: „Gerade dieses Mitglied setzt sich im Jugendgemeinderat und an der Schule für kulturelle Vielfalt ein. Der/die Betroffene bereut das unüberlegte Handeln sehr.“

Auch für Räte in anderen Städten gelten Regeln

Die Jugendräte aus Ludwigsburg sind nicht nur auf Instagram, sondern auch auf Facebook aktiv. Sie nutzen die Portale hauptsächlich, um das Gremium bekannter zu machen. Bereits in der Vergangenheit mussten die Räte Beiträge auf Facebook und Instagram erst mit der Geschäftsstelle des Jugendgemeinderats abstimmen. Künftig gilt diese Regelung auch für Reaktionen auf andere Beiträge oder Seiten. Dabei erhalten nur noch offizielle Projekte oder Projektpartner des Gremiums ein „Like“. Darüber hinaus will die Verwaltung die Jugendlichen erneut für ihr öffentliches Amt und für ihr Verhalten in den sozialen Medien sensibilisieren.

Damit sind Regeln für die Ludwigsburger Räte fortan strenger als beispielsweise in Vaihingen an der Enz. Dort läuft derzeit der Wahlkampf für den nächsten Jugendgemeinderat. Wahlkampfposts müssen die Nachwuchspolitiker zwar mit der Stadt absprechen, ansonsten dürfen sie ihre Onlinekanäle aber eigenverantwortlich bestücken, wie der Stadtsprecher Mario Steigleder informiert. Die Räte in Ditzingen wiederum werden dazu angehalten, auf den sozialen Medien nur dann Seiten im Namen des Gremiums zu abonnieren, wenn sie sich mit dem Kernthemen des Rates – also insbesondere mit Jugendpolitik – befassen, sagt Tristan Scherrer, der die Abteilung Jugendpflege in Ditzingen leitet. Interagieren – also auf Beiträge reagieren – sollen die Jugendräte hingegen grundsätzlich nicht.

Ludwigsburgthings wehrt sich gegen Rassismusvorwürfe

Der Begriff Kanake hat laut Duden mehrere Bedeutungen. Er kann als Synonym für Ureinwohner der Südseeinseln genutzt werden – in der deutschen Umgangssprache ist er aber eher als diskriminierendes Schimpfwort für Ausländer bekannt. Nachdem die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ über den rassistischen Beitrag von Ludwigsburgthings berichtet hatte, reagierten die Betreiber der Seite. Wer sie sind, verraten sie zwar nicht. In einer Stellungnahme via Instagram streiten sie aber einen rassistischen oder sexistischen Hintergrund ihrer Instagram-Aktivitäten ab. Die Seite diene der Unterhaltung. Man mache sich nicht gezielt über irgendeine Gruppierung lustig, sondern über „alles und jeden“. Den Ludwigsburgern werfen sie mangelnden Humor vor.

Ludwigsburgthings veröffentlicht sogenannte Memes, Bild-Text-Kombinationen, die sich meistens um Ludwigsburg drehen. Darunter sind unverfängliche Memes wie „Dinge, die nicht existieren: Nachtleben in LB. Genug Parkplätze in LB. Meine Freundin“, aber auch Beiträge, die als diskriminierend und sexistisch gewertet werden können – allerdings nicht nur im Hinblick auf Migranten, sondern auch auf Deutsche ohne Migrationshintergrund. Diese werden im Netz bereits seit Längerem augenzwinkernd als sogenannte Almans („Deutsche“ auf türkisch) aufs Korn genommen.

So macht sich Ludwigsburgthings über „besoffene Almans, die auf ihren Döner warten“ lustig. In einem anderen Meme positionieren sich die Betreiber im übertragenen Sinn als Akteur zwischen zwei Gruppen – den „Kanacken“ und den „Almans“.