Von Donnerstag bis Sonntag findet zum ersten Mal das Festival „Ludwigsburger Lichtspielliebe“ statt, eine Hommage an das Kino. Kurator Jochen Laube erklärt im Interview, wieso die große Leinwand das bessere Netflix ist.

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Ludwigsburg - Wim Wenders als Gast vor Ort, Filme von „Amélie rennt“ bis „Wackersdorf“, Live-Musik der Gundermann Band und Kleinkunst: das Festival „Lichtspielliebe“, das von Donnerstag bis Sonntag zum ersten Mal in Ludwigsburg stattfindet, will viel. Kurator Jochen Laube erklärt, wieso Kino das bessere Netflix ist.

 

Herr Laube, wer braucht denn noch Kino, wenn man zuhause dank Netflix und Co. sein eigener Programmdirektor sein kann?

Das Kino ist der magischste Ort der Welt! Denn eines werden all die Streaming-Dienste niemals bieten können: gemeinsam in einem abgedunkelten Saal einen Film zu genießen. Kein Telefon klingelt, mit keinem Tweet muss parallel der Film beschrieben werden. Man erlebt nur im Kino die Filme mit Haut und Haar – anders als zu Hause auf dem Sofa.

Die Besucherzahlen gehen aber zurück.

Das ist richtig, daher auch diese Initiative! Wir Filmproduzenten müssen relevantere Filme machen aber auch die Kinos müssen mit klaren Botschaften und neuen Ideen auf das Publikum zugehen. Es reicht eben nicht mehr, Plakate aufzuhängen.

Und deshalb veranstalten Sie jetzt zum ersten Mal die Ludwigsburger Lichtspielliebe?

Genau, zusammen mit dem Verein Kinokult, den Betreibern des Scala und der Stadt Ludwigsburg. Die Lichtspielliebe ist ein Festival, bei dem keine Preise verliehen werden und keine Jury tagt. Stattdessen wollen wir vier Tage lang ein Programm bieten, bei dem die Besucher ein Gemeinschaftserlebnis feiern: Filme zusammen erleben und anschließend darüber sprechen.

Reicht das, um ein junges Publikum ins Kino zu locken?

Ich glaube, das junge Publikum wird durch solch eine Veranstaltung wieder auf das Kino aufmerksam. Und wenn sie dann mal drinsitzen, werden sie die bei uns gezeigten Filme lieben und auch untereinander diskutieren. Wir wollen aber nicht nur die Jungen, wir wollen alle. Am Donnerstag ist zum Auftakt zum Beispiel Wim Wenders zu Gast, ein absoluter Vorreiter des Kinos! Wir zeigen eine restaurierte Fassung von „Himmel über Berlin“, im Anschluss hat das Publikum die Gelegenheit, Wenders zu befragen.

Damit erreichen Sie aber nur Cineasten.

Das glaube ich nicht. Der Film auf der großen Leinwand ist für alle ein Ereignis! Und bei unserem weiteren Programm ist für jedermann etwas dabei. Freitags zeigen wir zum Beispiel den Film „Das Schönste Mädchen der Welt“, im Anschluss veranstalten wir eine Jobbörse, bei der wir den Jugendlichen erklären, wie man Maskenbildner oder Kameramann wird. Und abends rufen wir das Lubitsch-Youtube-Youth-Movement ins Leben.

Was kann man darunter verstehen?

Der Freitagabend ist eine Reminiszenz an die Kleinkunstbühne im Scala. Dabei wird unter anderem der Filmemacher und passionierte Stummfilmmusiker Dietrich Brüggemann auf Zuruf Stummfilme live auf dem Piano begleiten. Wenn einer also das Stichwort „Fahrrad“ liefert, sucht Brüggemann den entsprechenden Stummfilm bei Youtube und improvisiert musikalisch. Außerdem findet das Festival des nacherzählten Filmes statt, bei dem jeder teilnehmen kann.

Muss ein Festival wie das Ihre nicht politischer sein, in Zeiten wie diesen?

Das sind wir auch, und zwar am Samstag: Da zeigen wir mit „Styx“ und „Wackersdorf“ zwei hochpolitische Filme, die jedoch auch intensiv auf das Publikum zugehen. Und dazwischen hält Urs Spörri, Kurator des deutschen Filmmuseums, einen sehr unterhaltsamen Vortrag über „Donald Trump im Film“. Der Sonntag steht dann wiederum unter dem Motto Musik. Aber auch Andreas Dresens Film „Gundermann“, den er persönlich präsentieren wird, ist ein hochpolitischer Film. Eben mit viel Musik.

Wird das Festival nur einmal stattfinden?

Nein, ich würde die Lichtspielliebe sehr gerne jährlich veranstalten.

Sie glauben also wirklich an das Kino.

Unbedingt. Die bequemen Sessel, der Vorhang hebt sich, das Licht geht aus, der Nebenmann weint, der Saal bricht zusammen vor Lachen: So etwas gibt es nur im Kino.