Beim Lümmelpicknick in Spiegelberg-Großhöchberg gibt es Livemusik, Würstchen und Getränke. Zu den Veranstaltungen der Kleinkunstbühne Kabirinett kommen mitunter fast 300 Gäste.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Spiegelberg - Viele Besucher sind Wiederholungstäter. Sie kommen oft zum Lümmelpicknick, das Thomas Weber seit gut zehn Jahren im Hochsommer sonntagnachmittags in Spiegelberg-Großhöchberg im Rems-Murr-Kreis auf seiner Theaterwiese veranstaltet. Grillen und chillen – so das Motto. Oft pilgern fast 300 Gäste in den Weiler mit lediglich rund 100 Einwohnern. Das Konzept des Lümmelpicknicks ist einfach, die Dauergäste sagen: einfach genial. Und es ist erfolgreich.

 

Weber, der Leiter des Kabirinetts, der Probierbühne auf dem Lande, und seine Mitarbeiter werfen auf der Wiese neben dem Theater einen großen Grill an. Sie verkaufen Tickets und gekühlte Getränke. Das Grillgut bringt jeder selbst mit. „Vorbild ist der bayerische Biergarten“, sagt Weber. Wer mag, der darf sich auch seinen Privatgrill mitbringen oder vor Ort einen kleinen Grill ausleihen. Die meisten Besucher haben zudem Campingstühle oder Decken dabei. Los geht’s gegen 15 Uhr, von 17 Uhr an spielt eine Band. Und falls es mal regnen sollte, dann werden halt ein paar Schirme aufgestellt. Oder die gesamte Gesellschaft weicht aus in den Theaterraum nebenan.

Ein Theater tief in der Provinz

Thomas Weber hat in seinem Kabirinett schon vieles ausprobiert – deshalb auch der Name: die Probierbühne. Vieles ist erfolgreich, wie das Lümmelpicknick, manches weniger. Zum Beispiel kam die „Fahrt ins Blaue“ nicht so gut an. Zu wenige Zuschauer wollten auf gut Glück in einen Bus steigen und an einen geheim gehaltenen Ort gekarrt werden, um einen Künstler zu sehen. In vielen Stücken, die der Mime in Großhöchberg auf die Bühne bringt, bekommen die Zuschauer eine einfache Mahlzeit serviert – zum Probieren.

Weber ist 43 Jahre alt, Vater, ein erfolgreicher Kleinunternehmer mit ein paar Angestellten und – manche Freunde sagen: ein wahrer Lebenskünstler. Als er vor knapp 20 Jahren auf die Idee kam, in der tiefsten Provinz ein Theater zu eröffnen, das ohne öffentliche Zuschüsse über die Runden kommen muss, wurde er von Kennern der Kleinkunstszene für verrückt erklärt, zumindest für ziemlich blauäugig. Warum sollen die Menschen ausgerechnet nach Großhöchberg kommen? Der Flecken ist ein bäuerlich geprägtes Dorf am äußersten Rand der Region, man könnte auch spötteln: ein Kaff.

Doch der Erfolg gibt Weber Recht. Die Vorstellungen im Kabirinett sind oft lange im Voraus ausverkauft. Er hat ein treues Stammpublikum. Mitunter buchen Firmen komplette Veranstaltungen. Der Mann mit dem verschmitzten Lächeln und ein paar grauen Strähnen im Haar steht deshalb oft wochenlang unter Strom. Er arbeite viel, sagt Thomas Weber.

Weber hat schon als Bub vom eigenen Theater geträumt

Während eines Lümmelpicknicks haben die Gäste aber gute Chancen, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Dann erzählt Weber, wieso er in Großhöchberg gelandet ist, dass er höchst zufrieden ist mit dem Leben auf dem Lande, und dass es ihm im Rückblick gar nicht so unrecht sei, dass er vor ein paar Jahren bei der Vergabe des Theaters im Bandhaus in Backnang nicht zum Zuge gekommen ist.

Schon als kleiner Junge hat Weber daheim in Asperg im Kreis Ludwigsburg von einem eigenen Theater geträumt. Lange her. Als Kindergartenkind sei er gerne in andere Rollen geschlüpft, bei einem Krippenspiel zum Beispiel. Die Grundlage für seine spätere Karriere war gelegt. Weber hat allerdings vorher noch ein paar Pirouetten gedreht. Nach der Mittleren Reife wurde er zunächst Bankkaufmann. Nach dem Zivildienst in einem Kinderheim folgte ein Praktikum beim Theater der Altstadt in Stuttgart und dann ein erstes professionelles Engagement bei der Schwabenoffensive in Berlin. Nach dem Abschluss an der Nögge-Schauspielschule in Backnang eröffnete Weber sein Kabirinett. Zunächst in einem winzigen Raum, der nur rund 40 Zuschauern Platz bot. 2001 hat Weber das Haus schräg gegenüber gekauft, das seither das Theater beherbergt.

Sonntagnachmittags nicht so viel grübeln

Zusammen mit der Band The Beez sei er während der Kulturbörse in Freiburg auf die Idee gekommen, Lümmelpicknicks zu veranstalten, ein Format, bei dem die Musiker nicht voll im Mittelpunkt stehen, bei dem sie aber eine größere Rolle spielen als bei einem Auftritt in einer Kneipe.

Einer der Wiederholungstäter unter den Gästen hat mal gesagt, er komme so gerne zum Lümmeln nach Spiegelberg-Großhöchberg, weil er dann sonntagnachmittags nicht so viel grübeln müsse über den Start in die neue Arbeitswoche. Auf der Theaterwies könne er „alles schön verdrängen“. Thomas Weber sagte damals grinsend: „Dafür sind wir Künstler ja da.“

Die Kleinkunstbühne auf dem Lande

Lümmelpicknick
Noch zweimal findet ein Lümmelpicknick auf der Theaterwiese der Kleinkunstbühne statt. Am Sonntag, 13. August, spielt die Band Los Santos. Am Sonntag, 20. August, ist Mike Janipka zu Gast. Gegrillt wird von 15 Uhr an, die Musiker spielen von 17 Uhr an. Der Eintritt kostet sieben Euro.

Kabirinett
Das Kabirinett ist im Gebäude Kleinhöchberger Weg in Spiegelberg-Großhöchberg. Es ist leicht zu finden, der Ort ist winzig. Parken sollen alle Gäste am Ortseingang.“