Die USA wollen für ihre Luftangriffe auf die IS-Milizen türkische Militärbasen nutzen. Die dortige Regierung lehnt das ab. Derweil bekräftigte US-Präsident Obama, dass er keine Bodentruppen entsenden werde.

Die Türkei und die USA ringen um die Nutzung türkischer Militärbasen für den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) in Syrien und im Irak. Washington würde für seine Luftangriffe auf die Dschihadisten vor allem die südtürkische Basis Incirlik bei Adana nutzen – wegen der geografischen Nähe. Bisher hat sich die Türkei dem Druck jedoch nicht gebeugt. Am Montagnachmittag widersprach Ankara der Sicherheitsberaterin von US-Präsident Barack Obama, Susan Rice, die am Sonntag verkündet hatte, es gebe bereits eine entsprechende Vereinbarung zur Basen-Nutzung mit der Türkei.

 

Über das Thema werde erst noch verhandelt, berichtete NTV-Türk unter Berufung auf Quellen aus dem Premierministerium in Ankara. „Unsere Position ist klar, es gibt keine neue Übereinkunft“, ergänzte ein türkischer Regierungsvertreter später. Er erinnerte daran, dass Incirlik von den USA derzeit nur für logistische und humanitäre Zwecke genutzt werden dürfe. Weitere Verhandlungen erfolgten „auf Grundlage der von der Türkei bereits gestellten Bedingungen“, sagte der Regierungsvertreter, ohne Details zu nennen. Die Türkei hat unter anderem die Einrichtung einer Pufferzone für Flüchtlinge in Syrien verlangt, was von den USA aber abgelehnt wird. Incirlik wird seit Langem von der US-Luftwaffe etwa für den Einsatz in Afghanistan genutzt. Die Luftangriffe gegen den IS starten aber bislang von Stützpunkten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, Kuwait und Katar aus. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel hatte seinem türkischen Kollegen Ismet Yilmaz in einem Telefonat bereits für die „Bereitschaft“ gedankt, der Militärkoalition gegen den IS zu helfen. Bestätigt wurde in Ankara indes, dass es schon eine Vereinbarung über die Ausbildung „gemäßigter“ syrischer Rebellen in der Türkei gebe. Für ein solches Training war ursprünglich Saudi-Arabien vorgesehen. Die regierungsnahe Zeitung „Sabah“ meldete, in einem ersten Schritt würden 2000 syrische Kämpfer ausgebildet. In deren Auswahl werde der türkische Geheimdienst MIT einbezogen. Auf keinen Fall werde man Mitglieder der kurdischen PYD trainieren.

Die Miliz der PYD, die mit der militanten kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei verbunden ist, verteidigt seit fast vier Wochen die nordsyrische Stadt Kobane gegen IS-Extremisten. Zuletzt konnten die Kurden mit Luftunterstützung durch die USA wieder Fortschritte erzielen.

Obama: keine US-Soldaten für den Bodenkampf

Derweil gibt sich Barack Obama unbeirrt: Er werde keine US-Soldaten in den Bodenkampf gegen die Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staats (IS) schicken, ließ der US-Präsident wissen. Das sei nicht nötig und auch nicht hilfreich, betonte seine Sicherheitsberaterin Susan Rice in einem TV-Interview. Militärexperten sehen das anders. Es könnten Umstände eintreten, in denen der Einsatz von Bodentruppen durchaus notwendig wäre, sagte US-Generalstabschef Martin Dempsey kurz vor Beginn eines internationalen Treffens der Anti-IS-Allianz in Washington.

Am Montagabend Ortszeit wollte Dempsey auf dem Luftwaffen-Stützpunkt Andrews in der Nähe der US-Hauptstadt mehr als 20 Top-Generale aus den Staaten empfangen, die sich an den Luftschlägen gegen Stellungen der Dschihadisten im Irak und in Syrien beteiligen. Es sollte das erste Mal seit Beginn der Kampagne Anfang August sein, dass sich die Militärführungen der Allianz zu einer Strategiebesprechung versammeln. Dempsey hat dabei wohl wiederholt, was er im US-Fernsehen dargelegt hat: Für die US-Luftwaffe sei es schwierig, im Kampf gegen IS Ziele auf dem Boden auszumachen, da die IS-Truppen sich unter die Zivilbevölkerung zu mischen wüssten. Es könnte deshalb nützlich sein, für diesen Zweck Bodentruppen zur Verfügung zu haben.Was aus militärischer Sicht sinnvoll erscheint, wird in der US-Regierung derweil kategorisch abgelehnt. Präsident Obama hat der IS-Miliz zwar den Krieg erklärt, will dabei aber – vorerst – nur die Luftwaffe einsetzen. Den Fehler seines Amtsvorgängers George W. Bush, der die US-Armee im Jahr 2003 in den Irak einmarschieren ließ, möchte Obama vermeiden. Den Bodenkrieg gegen IS soll die irakische Armee führen – und in Syrien eine 5000 Mann starke Truppe, die aus Angehörigen der syrischen Opposition rekrutiert und in Saudi-Arabien beziehungsweise der Türkei ausgebildet werden soll.

Rice: Kampf gegen IS wird Zeit in Anspruch nehmen

Obamas Sicherheitsberaterin Susan Rice sagte, das Militärtreffen in Washington werde nicht dazu dienen, die Strategie der US-Regierung zu verändern. Es gebe einen strategischen Plan. Der Kampf gegen IS werde Zeit in Anspruch nehmen, sagte Rice. Erfolge dürften nicht allein daran gemessen werden, was „in einer bestimmten Stadt oder einer bestimmten Region“ geschehe. Die Sicherheitsberaterin bezog sich dabei auf die Kritik, die USA hätten kurdische Kämpfer in der syrischen Stadt Kobane an der Grenze zur Türkei nicht ausreichend unterstützt. Oberstes Ziel sei, die militärischen Fähigkeiten der US-Verbündeten zu stärken, um die Terrormiliz langfristig zu schwächen, so Rice.

Außenpolitischen Hardlinern in den USA ist die Strategie der Obama-Regierung viel zu vorsichtig ausgelegt. Der republikanische Senator John McCain etwa forderte, die Anti-IS-Allianz müsse ihr Vorgehen fundamental verändern, um die Terrormiliz zu vernichten. Er schlug die Entsendung von US-Spezialeinheiten vor, die Ziele für die amerikanischen Kampfjets markieren sollten. In Syrien müsse neben den IS-Dschihadisten auch das Regime von Machthaber Baschar al-Assad bekämpft werden. Andernfalls „werden wir keinen Erfolg haben“, sagte McCain.