Vor der Zusammenführung mit dem ehemals katholischen Weil der Stadt in den 70er Jahren war Merklingen lange eigenständig. Mittlerweile ist der Ort ziemlich gewachsen – hat aber trotzdem seinen ländlichen Charme behalten.

Natürlich, Merklingen hat sich in den letzten Jahrzehnten verändert, sagt Hans Joachim Dvorak, aber vieles ist auch geblieben. Er erinnert sich gut. Im Sommer 1953 ist er als kleiner Junge nach Merklingen gekommen, besuchte damals die erste Klasse. Das alte Schulgebäude steht noch, ebenso die Festhalle, einige damals schon ansässige Firmen sind bis heute vor Ort.

 

Und in der Mitte des Weiler Teilorts steht die historische Kirchenburg, das „Ein und Alles“ des Heimatkundlers, der bis vor wenigen Wochen Vorsitzender des Heimatkreises Merklingen war. „Es ist eine der am besten erhaltenen Kirchenburgen, die es in ganz Deutschland noch gibt“, schwärmt Dvorak.

Merklingen hat die ländliche Idylle bewahrt

Nicht nur der Kirchenburg hat Merklingen es zu verdanken, dass sein Ortsbild bis heute so idyllisch-ländlich daher kommt. Trotz einiger Neubaugebiete, etwa rund um das Altersheim im Süden oder im Burgstall im Osten des Ortes. „Merklingen ist gewachsen, aber hat trotzdem seine Eigenheiten und sein Flair als Dorf behalten“, sagt Dvorak. Den Blick auf die fünf Teilorte hat auch Mathias Graner, Stadtarchivar in Weil der Stadt. „Neben Weil der Stadt ist Merklingen wohl am meisten gewachsen“, schätzt er.

Gut entwickelt habe sich Merklingen, obwohl das eine Sache der Perspektive sei. „Mit fünf Teilorten hat es Weil der Stadt nicht immer leicht“, ergänzt er. „Alle wollen ihre kulturelle Eigenständigkeit bewahren.“ Das hat auch Gutes, sagt Dvorak: „Man muss lange suchen, bis man eine Stadt mit so vielfältiger Geschichte und Kultur findet.“

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Animositäten zwischen Weil und Merklingen

Dabei waren Weil der Städter und Merklinger nicht immer beste Freunde. Das hat besonders geschichtliche Gründe: Während Merklingen lange Zeit dem lutherischen Württemberg angehörte, war Weil der Stadt, damals noch Reichsstadt, katholisch. „Das war schon ein Mentalitätsunterschied“, berichtet der Weiler Heimatkundler und Ehrenbürger Wolfgang Schütz.

„Politisches Ausland“ sei Weil der Stadt damals für die Merklinger gewesen. Gegenüber den katholischen Weilern, die gerne als faul bezeichnet wurden und den Spitznamen „Kragenbauern“ verpasst bekamen, weil sie ihre Felder bestellen ließen, herrschten so einige Vorurteile – und andersherum ebenso. Viel Vermischung zwischen den Orten gab es nicht – Hochzeiten zwischen Weilern und Merklingern waren schon aufgrund der verschiedenen Konfessionen nicht möglich. 1803 verlor Weil der Stadt den Status der Reichsstadt. „Da entwickelte sich schnell ein friedliches Nebeneinander“, erklärt Schütz.

Anfang der 1970er Jahre wurden die beiden Orte im Zuge der Gemeindereform freiwillig vereint – ein emotionaler Akt, bei dem die Merklinger dem Namen „Weil der Stadt“ für die neue, große Gemeinde nur zustimmten, weil man damals noch ein neues Verwaltungszentrum zwischen den beiden Gemarkungen plante. Entstanden ist das nie.

Merklingen wird weiter wachsen

Dass die Merklinger ihrer Heimat oft noch sehr treu sind, spürte man zuletzt bei der Gemarkungsverschiebung zugunsten Weil der Stadts, die 2021 beschlossen wurde, um die Planung für das Neubaugebiet „Häugern Nord“ zu vereinfachen. Wirkliche Konflikte zwischen den beiden Teilorten gibt es aber längst nicht mehr – und wenn, dann nur mit einem Augenzwinkern. Das weiß auch Schütz: „Was sich liebt, das neckt sich.“

Wachsen wird Merklingen weiterhin: Erst kürzlich hat die Verwaltung mit der Vermarktung von 27 Bauplätzen im Gebiet „Südlich der Schwarzwaldstraße“ begonnen.