In Städten wie Stuttgart ist die Luft schlechter als in den meisten Schwarzwald- oder Albdörfern. Es kann der Gesundheit helfen, Ausflüge in Luftkurorte oder Heilklimaorte zu machen. Die Studienlage ist aber schwierig.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Dass die Luft in Stuttgart, einer Stadt mit viel Industrie und Verkehr, nicht gerade die beste ist, ist bekannt. Und gerade im Winter, wenn viele Menschen erkältet sind, kommt schon mal die Frage auf: Kann es auch am Feinstaub und anderen Schadstoffen liegen, dass Menschen in Städten wie Stuttgart oder auch Mannheim öfter krank werden – oder langsamer gesunden?

 

Eine im Dezember veröffentlichte Studie des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart und der AOK Baden-Württemberg legt das nahe. Eine Verdopplung der Konzentration kleiner Feinstaubteilchen führt demnach statistisch zu doppelt so vielen Grippefällen. Dazu kommt ein nochmals deutlich stärkerer Zusammenhang mit der Temperatur. Das heißt: Wo es besonders kalt ist und die Feinstaubkonzentration hoch, ist das Risiko, an Grippe zu erkranken, besonders groß.

Auf dem Land weniger Krankmeldungen

Nun muss man jedoch wissen: Dass sich in ländlichen Regionen verhältnismäßig weniger Menschen krankmelden oder behandeln lassen, kann auch damit zu tun haben, dass es dort meist weniger Arztpraxen und Krankenhäuser gibt. Zudem hat etwa die Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS) vom Robert-Koch-Institut gezeigt, dass die Gesundheit mit dem Sozialstatus zusammenhängt. Und in Städten leben verhältnismäßig mehr Menschen mit einem niedrigeren Einkommen. Zudem gibt es in Dörfern auf dem Land auch weniger gesundheitsbelastende Arbeitsstätten, etwa in der Stahlindustrie, in Kohlekraft- oder Chemiewerken.

Lohnt es sich also, als Städter hin und wieder in Luftkurorten Urlaub zu machen oder am Wochenende auf die Schwäbische Alb oder in den Schwarzwald zu fahren? Die Krankenkassen halten sich diesbezüglich mit Empfehlungen zurück. Ein Sprecher der AOK Baden-Württemberg meint lediglich, dass man „gute und saubere Luft als einen positiven Kontextfaktor“ betrachte. Bei Vorsorge- und Reha-Maßnahmen könne dies die Genesung unterstützen.

In Heilstollen ist die Luft nahezu staubfrei

„Wir wissen, dass unsere Lunge sich mit der Zeit erholt, wo die Feinstaubkonzentration niedrig ist“, meint Arne Mellert, der Geschäftsführer des Heilbäderverbandes Baden-Württemberg. Wie lange oder wie oft man an solchen Orten bleiben müsse, sei aber schwierig zu sagen. Und er meint: „An Orten, wo die Feinstaubkonzentration hoch ist, wie am Neckartor, muss es für die Anwohner Alternativen geben – vor allem für die Urlaubszeit.“ Übrigens war auch der Stuttgarter Stadtbezirk Degerloch mal ein Luftkurort, heute erinnert unter anderem der Luftbad-Verein auf der Waldau noch daran.

Gerade, wer unter Atemwegserkrankungen leide, dem könnten Aufenthalte in Orten mit guter Luft helfen, sagt Arne Mellert. Das seien vor allem die Heilklimatischen Kurorte im Land aber auch die drei Heilstollen, wo die Luft nahezu komplett staubfrei ist. Im Tiefen Stollen bei Aalen wird beispielsweise eine Atemtherapie angeboten, die speziell auch für Menschen mit Long Covid empfohlen wird; also Menschen, die noch unter Corona-Nachwirkungen leiden.

Insgesamt helfe es jedoch vermutlich wenig, wenn man einmal pro Quartal etwas für seine Gesundheit tue, sagt Mellert. Dasselbe gelte auch bei Besuchen von Thermalbädern, welche nachweislich den Blutdruck senken könnten. „Auch da erreicht man keine langfristige Wirkung, wenn man alle sechs bis acht Wochen ins Thermalbad geht, sondern eher dann, wenn man ein- bis zweimal pro Woche in Thermalwasser schwimmt.“

Auch im Schwarzwald kann die Luft schlecht sein

Der Freiburger Arzt Johannes Naumann, der sich unter anderem auf Umweltmedizin spezialisiert hat, meint: „Je öfter man sich aus dreckiger Luft heraus begibt, desto mehr tut man für seine Gesundheit.“ Auch Menschen, die unter Nachwirkungen einer Corona-Infektion litten, könnten „sicher davon profitieren“, Zeit an Orten mit sauberer Luft zu verbringen – auch wenn es nur einmal pro Woche für wenige Stunden sei, sagt Naumann. Auch die langfristige Wirkung von Aufenthalten an Orten mit guter Luft ist nachgewiesen, auch wenn in den Studien nicht berücksichtigt werden kann, wie oft beispielsweise ein Mensch aus Stuttgart in Luftkurorten sei.

Einfach raus aus der Großstadt zu fahren, ist schon hilfreich, betont Naumann: „Aber in manchen ungünstig gelegenen Ecken oder Seitentälern des Schwarzwalds kann die Feinstaubbelastung auch mal hoch sein.“ Das gelte umso mehr in diesem Winter, wenn viele Menschen mit Pellets oder Kaminöfen heizten, um Energie zu sparen. Besser sei es, in staatlich anerkannte Kur- oder Heilklimaorte zu fahren, die würden klimatisch besonders gut liegen und dort werde regelmäßig die Luftqualität geprüft. „Prinzipiell gilt: Egal wie viel Zeit man an Orten mit sauberer Luft verbringt; es tut immer gut“, sagt der Mediziner.