Die grün-schwarze Regierung will nun weitere Ausnahmen genehmigen. Damit vermeide man, dass manche Privatpersonen über Gebühr betroffen würden, heißt es. Verschiedene Bevölkerungskreise sollen den Nutzen haben.

Stuttgart - Die massiven Proteste gegen die Dieselfahrverbote in Stuttgart und die Kontroversen in der Regierungskoalition ziehen Konsequenzen nach sich.

 

Nun werden mehr Fahrer von Euro-4-Dieseln zumindest für manche Fahrten mit Ausnahmegenehmigungen rechnen können. Das gilt unter anderem für sogenannte Mamataxis – also für Fahrten zu Schulen und Kitas, die der familiären Betreuung von Kindern unter acht Jahren dienen –, aber auch für andere seltene Fahrten und zur Pflege von Familienangehörigen.

Zudem wird die Grenze um 25 Prozent angehoben, ab der der Kauf eines Ersatzautos als zumutbar erachtet wird. Beispiel: Bei einem Haushalt mit vier Personen liegt sie künftig bei einem monatlichen Nettogehalt von 2640 Euro (bisher: 2110 Euro). Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte dazu am Montag: „Es werden neue Möglichkeiten geschaffen, um besondere Härten für Privatpersonen mit Dieselfahrzeugen der Euronorm 4 abzumildern.“

Staatsrätin Erler sieht Erfolg für die Bürgerbeteiligung

Verkehrsminister Winfried Hermann sagte, Land und Stadt hätten nachgebessert. Zuvor hätten die „sehr großzügigen Ausnahmen zum Beispiel für den Lieferverkehr“ zu berechtigten Fragen geführt, „warum die Regelungen für Privatpersonen recht streng waren“.

Die Staatsrätin für Bürgerbeteiligung und Zivilgesellschaft, Gisela Erler, sprach im sozialen Netzwerk Facebook von einem „guten Tag für die Bürgerbeteiligung“. Die Stuttgarter Gelbwesten in der Dieselfrage um den Demonstrationsinitator Joannis Sakkaros hätten eine differenzierte Sicht auf die Fahrverbote entwickelt und die Landesregierung nach diesem zivilgesellschaftlichen Engagement eine Korrektur vorgenommen.

Stadt Stuttgart und Polizei warten auf eine Regelung

Das Fahrverbot für Dieselautos der Euronorm 4 und schlechter zur Luftreinhaltung gilt für auswärtige Kfz grundsätzlich seit Jahresbeginn, für Stuttgarter vom 1. April an. Unklar ist nach wie vor, wie man mit Fahrten zu insgesamt 16 P+R-Anlagen in Stuttgart umgehen will. Sie sollen mit Euro-4-Dieseln grundsätzlich möglich sein. Wie die Stuttgarter Nachrichten exklusiv berichteten, gibt es bei der Umsetzung jedoch Unstimmigkeiten. Kretschmann versprach, die Fahrer sollten nur sagen müssen: „Ich fahre zum P+R-Platz.“ Das Verkehrsministerium hingegen plant, einen Parknachweis zu verlangen. Stadt und Polizei warten nun auf die Regelung. Regierungssprecher Rudi Hoogvliet sagte, die Prüfung laufe. Kretschmann sei an einer unbürokratischen Regelung interessiert. Der Regierungschef sei aber nicht so zu verstehen gewesen, dass jemand mit dem Hinweis auf eine angestrebte P+R-Anlage ohne Ausnahmegenehmigung quer durch Stuttgart fahren dürfe, etwa von Stammheim nach Degerloch.