Die von der Prüforganisation Dekra angeregte und von der CDU beantragte Straßennassreinigung am Stuttgarter Neckartor hat mit zur Reduzierung der Grenzwert-Überschreitungstage beigetragen. Noch größer war wohl der Einfluss des regnerischen Winters 2017/2018.

Stuttgart - Die Straßennassreinigung, die die Stadt schon zum zweiten Mal während der Feinstaubalarm-Saison von Oktober 2017 bis April 2018 am Neckartor vornehmen hat lassen, zeigt zwar einen messbaren Rückgang der Feinstaubkonzentration. Ob sie allerdings allein für die Reduzierung der Zahl der laut EU zulässigen 35 Grenzwert-Überschreitungstage ohne die entsprechenden meteorologischen Rahmenbedingungen taugt, bleibt fraglich. „Eine eindeutige Ursachenindikation gibt es nicht“, sagte Dekra-Vorstandsmitglied Clemens Klinke bei der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse am Dienstag im Rathaus. Der Einfluss des regnerischen Winters sei nicht wegzudiskutieren. Klinke: „Der Niederschlag hat unsere Maßnahmen unterstützt.“

 

Nassreinigung reduziert große Feinstaubpartikel

Die Prüforganisation Dekra hatte den ersten Versuch von März bis April 2017 zunächst in einem Interview mit unserer Zeitung angeregt. Die CDU-Fraktion im Gemeinderat war auf den Zug aufgesprungen und beantragte, Geld für das Experiment zur Verfügung zu stellen. Die Reinigungsarbeiten wurden zwischen den Firmen Faun, Kärcher und Reuther Straßenreinigung sowie dem städtischen Eigenbetrieb Abfallwirtschaft koordiniert. Die Auswertung des Versuchs obliegt neben der Dekra auch der Landesanstalt für Umwelt und Messungen (LUBW). Dabei werden die groben Partikel auf der Fahrbahn, die durch Aufwirbeln und Überfahren in Feinstaub zerlegen, zunächst unter hohem Druck mit Wasser weggespült und dann abgesaugt. Messungen der Dekra zeigen, dass die Feinstaubwerte am Neckartor an Tagen ohne Reinigung deutlich nach oben gingen.

Dies betrifft überwiegend die Partikel der Größe P 10. Auch die zerkleinerten Bestandteile der Größe PM 2,5 (die Angaben beziehen sich auf den aerodynamischen Durchmesser der Partikel) gingen am Neckartor zurück. Bei insgesamt 89 nächtlichen Reinigungseinsätzen an 56 Alarmtagen 2017/2018 sank die Zahl der Überschreitungstage auf 23 – ein Rückgang gegenüber der Feinstaubalarmperiode 2016/2017 (65 Überschreitungstage) um rund 65 Prozent.

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SPD und Linke fordern: Daimler soll Kosten für Versuchsfortsetzung übernehmen

Zu Beginn des Versuchs zwischen März und April 2017 waren die Reinigungsfahrzeuge lediglich 27 Mal ausgerückt. Bei vergleichenden Messungen an einer Dekra-eigenen Messstation nur wenige Meter entfernt an der Heilmannstraße waren sowohl die Feinstaubwerte als auch die Reinigungseffekte allerdings deutlich geringer. Klinke warb dennoch dafür, die Nassreinigung auch in der kommenden Alarmperiode 2018/2019 fortzusetzen und gegebenenfalls in Richtung Stadtmitte auszudehnen. Sein Fazit: „Am Neckartor haben wir die großen Partikel weggereinigt.“

Die Stadträte im Technischen Ausschuss des Gemeinderats interpretierten die Versuchsergebnisse unterschiedlich. Alexander Kotz (CDU) gratulierte der Dekra „herzlich“ zu ihrem Erfolg. Seine Fraktion wolle die Nassreinigung fortsetzen. Darüber hinaus kritisierte er einmal mehr den Standort der Feinstaubmessstation am Neckartor als „ungünstig“. Dies trage dazu bei, dass Stuttgart in der ganzen Welt wegen des Feinstaubalarms „verschrieen“ sei.

Björn Peterhoff (Grüne) betonte, man müsse den Feinstaub nicht in erster Linie wegputzen, sondern vermeiden. Stuttgart gebe mit dem Feinstaubalarm ein gutes Beispiel ab, wie man mit dem Thema umgehe. Martin Körner (SPD) forderte wie auch Christoph Ozasek (Linke), Daimler solle als Mitverursacher der Feinstaubproblematik künftig die Kosten für die Nassreinigung übernehmen. Laut OB Fritz Kuhn (Grüne) liegt der Betrag aktuell bei 500 000 Euro.