Luftschadstoffe in Stuttgart Grenzwerte liegen weit entfernt

Im Januar wird es gleich zwei Demonstrationen auf der Bundesstraße 14 beim Neckartor für saubere Luft geben. Auch Stuttgart wartet auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten.
Stuttgart - „Die Luft wird besser, wir können das Ziel sehen.“ Mit dieser Aussage hat OB Fritz Kuhn (Grüne) kurz vor Weihnachten eine positive Bilanz in Sachen Luftreinhaltung gezogen. Dennoch, so das Stadtoberhaupt, glaube er, dass man an einer neuen Plakette für die Umweltzone nicht vorbeikomme. Sie soll blau sein.
Der Termin für Kuhns frohe Botschaft war bewusst gewählt. Am Tag darauf verhandelte das Verwaltungsgericht über den Vergleich zwischen Land und den Feinstaub-Klägern am Neckartor, der dort ab 2018 eine zeitweise Reduzierung der Verkehrsmenge vorsieht. Die Umsetzung sei rechtlich unmöglich, sträubt das Land sich dagegen. Sie sei nötig und möglich, wenn man wolle, urteilte das Gericht. So lautet zumindest die Kurzform; das ausführliche Urteil wird im Januar erwartet.
Einschätzung hängt vom Standpunkt ab
Das Ziel saubere Luft in Sichtweite? Diese Einschätzung hängt sehr vom Standpunkt und der Betrachtungsweise ab. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH), die Anfang September vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart ein Urteil für ein schnelles Fahrverbot erwirkte, sieht Stuttgart wie viele andere Städte in der Republik bei der Stickstoffdioxid-Problematik noch lange nicht am Ziel. 2017 sei das Jahr des umweltpolitischen Stillstands gewesen, ein Totalausfall bei der Luftreinhaltung, bilanzierten die DUH-Geschäftsführer, zuvorderst Jürgen Resch.
Die Umwelthilfe erwartet wie Stadt und Land mit Spannung den 22. Februar. Dann wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig der Luftreinhalteplan Düsseldorf und ein Urteil des dortigen Verwaltungsgerichts verhandelt. Es sieht streckenbezogene Fahrverbote mit einer eigenen Beschilderung in der Umweltzone vor. Die Meinungen über die Zulässigkeit eines solchen Vorgehens streuen weit. Verwerfe Leipzig streckenbezogene Fahrverbote, dann könne auch aus dem vom Verwaltungsgericht Stuttgart gesprochenen Urteil zu einem zonalen Fahrverbot – also der Verknüpfung vieler Strecken – nichts werden, sagt der Anwalt des Landes. Der 22. Februar kann also, obwohl das Stuttgarter Urteil nicht zur Überprüfung ansteht, auch für die Landeshauptstadt zu einem entscheidenden Tag werden. „Wir brauchen einen klaren Rechtsrahmen“, sagt OB Kuhn. Vielleicht wird seine Forderung in Leipzig erhört.
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31 Überschreitungen in nur zwei Monaten
Zuvor wollen im Januar die im Gemeinderat vertretene Gruppe Stuttgart Ökologisch Sozial (SÖS) und die Bürgerinitiative Neckartor unabhängig voneinander zwei Demonstrationen auf der Bundesstraße 14 abhalten. SÖS veranstaltet am 1. Januar von 13.30 bis 15.30 Uhr eine Kundgebung gegenüber der Messstation, die Bürgerinitiative hat für Donnerstag, 11. Januar, von 18 bis 19 Uhr eine Kundgebung samt Demozug auf der B 14 beantragt. Die Botschaft der Veranstalter: Die Schadstoffwerte sind nach wie vor zu hoch.
Der Blick auf die Tabellen der Landesanstalt für Umwelt und Messungen (LUBW) für 2017 zeigt, dass die Feinstaubbelastung in Stuttgart am Neckartor zwar von im Vorjahr 63 Überschreitungstagen auf nun 45 zurückgegangen ist, die Grenze liegt aber bei 35 mit mehr als 50 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft. Auch 2016 hatte es gegenüber dem Vorjahr eine Reduzierung gegeben, 2015 aber gegenüber 2014 eine Steigerung. Die meisten Überschreitungstage wurden im Frühjahr erfasst, allein 31 der 45 entstanden bis zum 16. Februar. Zehn Tage lagen über dem Wert von 100 Mikrogramm, 2016 waren es nur sieben gewesen.
Stickstoffdioxid bleibt ein großes Problem
Beim Stickstoffdioxid, für das der Autoverkehr (Diesel) als ein Hauptverursacher gilt, liegt die Grenze weiter entfernt. Der Jahresmittelwert darf 40 Mikrogramm nicht überschreiten. Am Neckartor lag er mit Stand vom 26. Dezember bei 73,3 Mikrogramm, in der Hohenheimer Straße bei 69,2 Mikrogramm. Da sind neun und sieben Mikrogramm weniger als 2016. Umweltexperten erwarten ohne Eingriff in den Verkehr kein schnelles Erreichen des Grenzwertes.
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