Die Nikolaus-Lenau-Anlage wird renoviert und die Stadt erinnert sich ihres literarischen und Garten-künstlerischen Erbes.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslngen - Gut, das Nikolaus Franz Niembsch Edler von Strehlenau einst seinen Namen zu Nikolaus Lenau verkürzte. Denn sonst hätte der Namenszug des österreichischen Dichters wohl kaum unter die Bronzebüste in der Esslinger Lenau-Anlage gepasst. Die Anlage ist nicht nur das einzige Lenau-Denkmal in Deutschland, sondern auch der einzige Park in Württemberg, der einem Gedicht nachgestaltet ist.

 

Gerade beginnt die Stadt Esslingen, sich wieder des spätromantischen Dichters zu erinnern. Die wunderbare Grünanlage an einer Kehre der Mülbergerstraße soll laut dem Gemeinderatsbeschluss renoviert werden und womöglich in den Bauzustand von 1903 zurückversetzt werden. Dafür hat die Stadt rund 120 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Unsensible Eingriffe in die Gartenanlage hatten die ursprüngliche Jugendstil-Gestaltung empfindlich gestört.

Verachtet hat Lenau vieles

Der 1850 gestorbene Spätromantiker war als Mitglied des Schwäbischen Dichterbundes öfter auf dem Schloss Serach bei Graf Alexander von Württemberg zu Gast in Esslingen gewesen. Vielleicht erklang da auch Lenaus wohl bekanntestes Lied in der Vertonung von Franz Liszt. Es ist das Lied von den drei Zigeunern, das man auch heute noch in den Volksliedsammlungen finden kann. Es handelt von drei Männern, die rauchen, schlafen und Geige spielen und zeigen, wie man das Leben „dreimal verachtet“.

Verachtet hat Lenau in seinem Leben vieles, seine adlige Herkunft und sein Geld. Nach einer Fehlspekulation schiffte er sich in die USA ein, kaufte in Ohio Land, doch er kümmerte sich kaum darum. Stattdessen bedichtete er die Niagarafälle und kehrte, angewidert vom eher merkantilen amerikanischen Denken, im Jahr 1833 nach Europa zurück.

Er hatte Freundschaft geschlossen mit Justinus Kerner und Gustav Schwab, Cotta in Stuttgart verlegte seine Gedichte. Als gefeierter Lyriker wurde er Mitglied im Schwäbischen Dichterbund. 1844 erlitt er einen Schlaganfall und wurde dement. Er lebte einige Zeit in der Nervenheilanstalt Winnenden und starb 1850 in einem Heim bei Wien, im Alter von 48 Jahren.

Das einzige Lenau-Denkmal in Deutschland

Der ehemalige Esslinger Bürgermeister Max Mülberger hatte die Idee, dem Dichter sein erstes und auch einziges Denkmal in Deutschland zu stiften. Den Entwurf prüfte kein geringerer als König Wilhelm II. von Württemberg, der sich finanziell an der Anlage beteiligt hatte.

Die Stuttgarter Gartenarchitekten Otto Berz und Karl Schwede nahmen sich Lenaus 1832 erschienene Schilflieder als Vorbild für den Garten. Den Teich vor der Büste bepflanzte man mit Schilfrohr. Felsen und immergrünes Gehölz rahmen das Gewässer gemäß den Bildern der romantischen Naturlyrik ein. Eine große Trauerweide verwies auf den elegischen Charakter von Nikolaus Lenau. „Ein herrlicher Gedanke“ sei es, diesen Platz zu wählen zwischen der Ruhe des Ebershaldenfriedhofs und dem Schlösschen Serach, sagte Max Mülberger 1904 bei der Einweihung der Lenau-Anlage.

Mit der Ruhe ist es schon lange vorbei in der Mülbergerstraße, die zu den wichtigsten Esslinger Verkehrsadern geworden ist. Ein schöner Platz ist es geblieben. Um die Anlage der Vergessenheit zu entreißen, plant die Esslinger Tourismus-Gesellschaft (EST), Führungen zu diesem Juwel des Jugenstil-Gartenbaus anzubieten.