Beim DRK-Kreisverband Ludwigsburg herrscht Kleinkrieg: Geschäftsführer gegen Betriebsrat. Der langjährige Pressesprecher wird gekündigt – und klagt sich wieder ein. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Ludwigsburg - Seit 15 Jahren formuliert Arnim Bauer regelmäßig ein Grußwort für das „DRK-Blättle“, wie es genannt wird, offiziell heißt es Rotkreuzbericht; verteilt wird es an die Mitglieder. Der langjährige Pressesprecher schildert darin seine Sicht auf den DRK-Kreisverband, der in den vergangenen Jahren oft in schwerer Seenot war. Der 62-jährige Bauer kommentierte dies stets meinungsstark, aber in der Regel im Sinne von Vorstand und Geschäftsführung. Jetzt ist das Tischtuch zerschnitten und beide Seiten reden nur noch vor Gericht miteinander. Das DRK wollte Bauer entlassen, der klagte, und das Ludwigsburger Arbeitsgericht hat am Freitag entschieden: Er darf weiter arbeiten. Es ist eine veritable Klatsche für den Verband.

 

In der ersten Ausgabe des Rotkreuzberichts von 2018 schrieb Arnim Bauer jene Sätze, die ihm fast zum Verhängnis geworden wären. „Die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung lässt zu wünschen übrig“, formulierte er und machte einen Verbesserungsvorschlag: Zwei hauptamtliche Mitarbeiter sollten als Vertreter der Angestellten in den Vorstand. Bauer soll laut Steffen Schassberger, dem Vize-Bereitschaftsleiter, zudem von einem „führerlosen Schiff“ geschrieben haben.

DRK: Pressesprecher hat das Vertrauen zerstört

Diese Zeilen haben offenbar den Geschäftsführer Manfred Hormann so erbost, dass er Bauer nach 41 Jahren im Dienst des DRK fristlos entlassen wollte. „Er hat Vereinsinterna nach außen getragen und den Verein in ein schlechtes Licht gerückt“, erklärt der Anwalt des DRK, Achim Lacher. Das Vertrauen sei zerstört. Ein Pressesprecher habe die Aufgabe, die Meinung seines Arbeitgebers zu verbreiten.

Arnim Bauer ist über die Vorgänge noch immer schockiert: „Ich habe nur geschrieben, was allgemein schon bekannt war“, sagt er. Es habe 15 Jahre lang keine Beanstandung seiner Artikel gegeben, bis zur ersten Ausgabe 2018.

Hinter der Auseinandersetzung steckt, so berichten es Kenner des Kreisverbandes, ein Machtkampf zwischen dem Geschäftsführer Manfred Hormann und dem Betriebsrat. Beide Seiten haben sich schon häufig vor dem Arbeitsgericht gesehen. Dabei ging es nicht um Kündigungen, sondern um Kompetenzen und Zuständigkeiten. Der nächste Termin ist für den 7. Dezember angesetzt. Dabei sollen einzelne Mitglieder des Betriebsrates auf Unterlassung verklagt werden, weil sie Kritik am Geschäftsführer geübt haben sollen. „Kein Kommentar dazu“, sagt der DRK-Mann Schassberger. Dass es immer wieder Prozesse gebe, liege an der Sanierungsarbeit. „Man macht sich keine Freunde, wenn Geld gespart wird“, sagt der DRK-Anwalt Lacher.

Machtkampf zwischen Betriebsrat und Geschäftsleitung

Arnim Bauers Entlassung muss vor dem Hintergrund dieses Konfliktes betrachtet werden. Er hat 2018 zwar auf einer Betriebsratsliste kandidiert, sich ansonsten aber eher neutral verhalten. Die Wortmeldung im Rotkreuzbericht Nummer 1/2018 war dann aber eine zuviel – dachte sich das DRK und sprach die fristlose Kündigung aus. Gewonnen hat die Auseinandersetzung jetzt aber Arnim Bauer. Unwirksam sei die Entlassung, entschied das Arbeitsgericht, und der Richter Falk Meinhardt fand deutliche Worte in Richtung DRK: „Man muss nicht gleich mit dem Holzhammer vorgehen, der Instrumentenkasten kennt auch andere Werkzeuge.“ Auch ein Pressesprecher dürfe die Meinungsfreiheit in Anspruch nehmen, dies gelte auch für Firmen- und Mitgliederzeitschriften. Lediglich Schmähkritik oder Beleidigung seien verboten, das sei aber hier nicht der Fall. Zu beachten sei auch, dass Bauer bereits extrem lange für das DRK arbeite – seit der Zeit, in der noch „Helmut Schmidt Bundeskanzler war“, so Meinhardt. Vor diesem Hintergrund schlug er beiden Seiten einen Vergleich vor: Bauer wird wieder eingestellt, dann aber freigestellt, um zeitnah ausscheiden zu können. Bauer selbst schlug das Jahr 2020 als Enddatum vor – doch darauf ließ sich Manfred Hormann nicht ein. Er wollte ein Urteil.

Richter: Es muss nicht gleich der Vorschlaghammer sein

Und er bekam ein Urteil – die Kündigung ist aufgehoben. Ob Bauer tatsächlich an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, wird noch geklärt. Der Streit um Zuständigkeiten wird aber sicher weiter gehen. So hat der DRK-Kreisverband kürzlich die Satzung geändert, sodass Hormann als Geschäftsführer selbst Teil des Vorstandes ist. Die Kritiker sehen darin eine Machtkonzentration. Steffen Schassberger vom DRK weist das zurück: „Wir passen die Satzung nur nach einer Mustersatzung des Bundesverbandes an.“ Andere Kreisverbände wie Rems-Murr täten dies auch. Man wolle damit die ehrenamtliche Struktur und den hauptamtlichen Apparat besser verzahnen.

Die Krise des DRK währt schon seit sechs Jahren, damals wurde ein Geschäftsführer entlassen, weil er Abrechnungen manipuliert haben soll, um an 112 000 Euro Zuschüsse zu kommen. Der damalige Vize-Landrat Utz Remlinger wurde als Vorsitzender eingesetzt, doch der Verband blieb in finanzieller Schieflage. Schließlich wurde Karl-Heinz Spitznagel vom Landesverband als Sanierer geholt. Er konstatierte Verluste von sechs Millionen Euro durch Misswirtschaft und sagte: „Es handelt sich um die schwerste Krise, die es im DRK in Baden-Württemberg je gegeben hat.“

Mit dem Amtsantritt von Hormann 2015 schien die Sanierung voran zu kommen. Der 62-Jährige blickt auf eine lange Managerkarriere in der Industrie und im Gesundheitswesen zurück. 2017 schrieb das DRK erstmals wieder schwarze Zahlen.

Weitere Prozesse sind zu erwarten

Ruhe herrscht trotzdem nicht. Inzwischen attestieren Beobachter dem DRK eine „gestörte Kommunikation“, an der Hormann seinen Anteil haben soll. Der ehrenamtliche Vorstand scheint damit überfordert, den Machtkampf unter den Hauptamtlichen zu kontrollieren. „Es gibt zu viele Baustellen und zu viele Alphatiere“, sagt ein Vorstandsmitglied, „und niemand ist bereit zurückzustecken“. Lieber ziehe man vor Gericht, als das Gespräch zu suchen.

Der DRK-Anwalt Lacher hat am Freitag bereits angedeutet, in der Causa Bauer in die nächste Instanz gehen zu wollen.