Er hat lange geschwiegen. Doch jetzt spricht Wolfgang Dietrich über den VfB Stuttgart und dessen Führungskrise. Was hat den ehemaligen Präsidenten dazu bewogen – und zu welchem Schluss kommt er?

Sport: Carlos Ubina (cu)

Stuttgart - Die Sorge um den VfB Stuttgart treibt Wolfgang Dietrich um. Deshalb hat sich der frühere Präsident des Fußball-Bundesligisten nach mehr als einem Jahr zu Wort gemeldet. In einem Interview mit der „Bild“-Zeitung kritisierte der 72-Jährige das Streben des Vorstandschefs Thomas Hitzlsperger nach dem Präsidentenamt. „Dass er beide Ämter vereinen möchte, verstehe ich nicht. Und das ist nach meiner Überzeugung auch nicht machbar. Für mich ist das ein No-Go“, sagte Dietrich, der im Sommer 2019 als VfB-Präsident zurückgetreten war. Er erinnerte daran, dass den Mitgliedern im Zuge der Ausgliederung andere Versprechungen gemacht wurden.

 

Dietrich erfreut sich am Stuttgarter Spiel

Nun ist der Führungsstreit beim VfB eskaliert, da Hitzlsperger den Präsidenten Claus Vogt aus dem Amt drängen will – und für Dietrich ist nicht nachvollziehbar, dass dies in einer Phase geschieht, in der es sportlich für den VfB läuft. Die Stuttgarter spielen erfrischenden Fußball, woran sich auch Dietrich erfreut, der Hitzlsperger für einen guten Sportvorstand hält – im Tandem mit dem Sportdirektor Sven Mislintat. Hitzlspergers Beförderung durch den Aufsichtsrat zum Vorstandsvorsitzenden war für den ehemaligen Unternehmer schon vor einem Jahr fragwürdig. Zumal das Anforderungsprofil verändert wurde, damit es für den Ex-Nationalspieler passt.

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Dietrich spricht jedoch nicht nur kritisch über das Vorgehen des Kontrollgremiums der AG, sondern insgesamt über die Gremien beim VfB. Das Verhältnis zu Vogt sei offenbar ebenfalls zerrüttet. Deshalb sei es nicht die Aufgabe Hitzlspergers gewesen, Vogts Arbeit zu bewerten, sondern die von Präsidium, Aufsichtsrat und Vereinsbeirat. Aber: „Beim VfB ist es ja schon Tradition, dass dann, wenn es Probleme gibt und laut wird, die Gremien kaum noch sichtbar und wahrnehmbar sind“, erklärte Dietrich.

Im zweiten Teil des Interviews setzt sich Dietrich auch mit Vogt auseinander. „Bis auf die Tatsache, dass die laute Gruppe, die ihn gewählt hat, jetzt ruhig ist, hat er keines der Ziele erreicht, die er sich selbst gesetzt hat. Und es wäre zu kurz gedacht, die Versäumnisse nur auf die Pandemie zu schieben. Es ist vieles dabei, das mit dem Corona-Virus überhaupt nichts zu tun hat“, sagte der Dietrich und führte aus, dass Vogt nur einem Teil der Anhänger gefallen wolle. Bei der Investorensuche sei nichts vorwärts gegangen. Dietrichs Fazit: Weder Hitzlsperger noch Vogt sind geeignet für das Präsidentenamt.