Beim „Männervesper“ ging es um die „Mobilität der Zukunft“ und damit auch um „ökologische Mogelpackungen“.

Feuerbach - Alle zwei Monate kommt die zur evangelischen Kirchengemeinde gehörende Gruppe „Männervesper“ zusammen. Weil sich auch neue Gesichter hinzugesellen, gibt es jeweils eine Vorstellungsrunde. „Hier fühle ich mich wohl“, sagte dabei ein älterer Herr im „Föhrich“ und benannte damit auch das Grundempfinden der Gruppe. So fällt es leicht, schon beim obligaten Vesper über „Gott und die Welt“ ins Gespräch zu kommen. Für Stoff sorgt zudem jeweils ein Thema, das zumeist durch einen Vortragenden aus dem Kreis präludiert wird. So referierte nun Rüdiger Schulz, Ingenieur bei Daimler, über „Antriebskonzepte und Mobilität in der Zukunft“.

 

Vorneweg benannte Schulz „Motivationen für Entwicklungen“. Nach einem „goldenen Jahrzehnten für die Erfindungen von Daimler & Co.“ habe es „immer wieder Krisen gegeben, bis hin zum heutigen Diesel-Skandal“. Eine Zäsur habe „1973 die erste Ölkrise“ bedeutet, die die Knappheit der Ressource Öl ins Bewusstsein brachte“. Mit dem Waldsterben kam in den 1980er Jahren die Erkenntnis von der Schädlichkeit von Schwefeldioxid hinzu, schließlich Kohlendioxid als wesentlicher Faktor für die Klima-Erwärmung, zuletzt die Stickoxid-Thematik beim Diesel sowie die Feinstaub-Debatte. Der Zwang zur Senkung von Verbrauch und Auspuff-Schadstoffen habe zu diesem „Mega-Thema“ geführt: „Transformation des fossil angetriebenen Individualverkehrs zu einem nicht-fossilen Mobilitätssystem autonomer Fahrzeuge“.

Kritik an der öffentlichen Debatte

Der Antrieb der Zukunft sei elektrisch: „Auch Mercedes wird alle Modelle elektrifizieren“, betonte der Referent. Gleichwohl sei das aktuell „eine gesellschaftliche Mogelpackung und ein ökologisches Feigenblatt, denn wir verschließen die Augen davor, woher der Strom kommt“. Wenn nur ein Drittel aus regenerativen Quellen stamme, stelle sich die Frage: „Wie emissionsfrei ist das E-Auto tatsächlich?“ Das E-Auto mache „Sinn in urbanen Strukturen, wo geringe Reichweite nötig ist“. Für 600 Kilometer am Stück aber brauche es „eine Batterie, die einem 200 Liter Benzintank entspricht“. Ökologische Belastungen in der Produktion mit eingerechnet, müsse man „einen großen Tesla 170 000 Kilometer fahren, um in den positiven Bereich zu kommen“. Kinderarbeit bei der Rohstoffgewinnung für Batterien oder die Frage der Entsorgung noch nicht eingerechnet.

Sowieso störe ihn an der öffentlichen Debatte, „dass Teilaspekte tendenziös nach oben gespült werden“. Den Diesel etwa „müsste man aus Klimasicht als Übergangstechnologie eigentlich hätscheln und tätscheln, denn er stößt weniger CO2 als der Benziner aus, und die Stickoxid-Frage ist technisch gelöst“. Es sei „nicht nur der böse Autoverkehr“, der eine Klimabelastung darstelle. Allein die Silvesterknallerei entspreche beim Feinstaub zwei Monaten Autofahren. „Schadstoff-Alarm“ sei auch bei Heizungen und Kreuzfahrtschiffen angesagt. Und auch die Energiewirtschaft müsse „ihre Hausaufgaben machen“, bei der Speicherung von Öko-Strom etwa. Es gebe also „viele parallele Herausforderungen“. Das Wissen dazu sei da, er habe es hier „nur zusammengetragen. Einen Blick in die Glaskugel kann ich aber nicht bieten“, schloss er in Sachen Zukunft.

„Jeder muss seinen Beitrag leisten“

Weil nun die gesetzte Grenze von zweieinhalb Stunden überschritten war, verzichtete Pfarrer Jochen Stiefel auf die geplante Debatte. Die ging dann aber von ganz alleine los, wobei von allen Seiten Aspekte eingeworfen wurden, die weiter reichten als die Frage, wie die Mobilität der Zukunft in rein technischer Hinsicht aussehen könnte. Ein Beitrag ging noch von der „Lösbarkeit der Probleme“ aus, „denn technisch beherrschen wir das. Es ist eine Frage der Umsetzung.“ Ein anderer lautete: „Das Wachstum macht uns zu schaffen. Es kann nicht sein, dass jeder mit seinem Auto ins Geschäft fährt.“ Grundsätzlich wurde ein anderer Teilnehmer: „Wie will man Wachstum mit Wachstum beherrschen, Schulden mit Schulden bezahlen? Wir stecken in einem Schneeballsystem ohne Ende. Es wäre eine Katastrophe, wenn die ganze Menschheit leben würde wie wir. Wir müssen zurückstecken.“ Auch Schulz beteiligte sich: „Wenn man sieht, dass schon wieder ein Gletscher weg ist, fragt man sich, ob es zu spät ist, weil schon alles den Bach runter gegangen ist. Ich hoffe, dass wir als Gesellschaft die Kurve kriegen.“ Schließlich befand er: „Es wird darauf ankommen, dass wir unseren Beitrag leisten.“