Magdalena Neuner verfehlt ihr Ziel von sechs Medaillen in Ruhpolding, weil sie schlecht schießt – und reagiert mit einem Schulterzucken.

Stuttgart - Ein Schulterzucken – das ist Magdalena Neuners erste Reaktion auf ihr Rennen gewesen, kurz nachdem sie ihre Ski abgegeben hatte. Große Jubelgesten, wie zuvor in den Tagen dieser Biathlon-Weltmeisterschaft, hätte sie auch gar nicht zelebrieren können. Neuner war einfach kein gutes Rennen gelungen, vor allem am Schießstand. Sechsmal verfehlte die Sprint-Weltmeisterin die Scheiben und erhielt somit sechs Strafminuten.

 

Am Ende landete sie 4:40 Minuten hinter der norwegischen Siegerin Tora Berger auf Platz 23. Aus ihrem zwölften WM-Titel wurde nichts. Das Einzelrennen über 15 Kilometer bleibt somit die einzige Disziplin, in der die 25-Jährige während ihrer Karriere keine WM-Medaille gewonnen hat. Auch ihre Zielvorgabe für Ruhpolding, in allen sechs Starts auf das Podium zu kommen, verpasste Neuner damit.

„Sehr enttäuscht“

„Es ist kein Weltuntergang. Aber ich bin sehr enttäuscht, denn ich habe mich extrem auf das Einzel vorbereitet und so hart trainiert“, sagte die Wallgauerin. „Aber wenn es schon daneben geht, dann richtig. Es hört sich vielleicht blöd an: Doch wenn ich Vierte geworden wäre, hätte ich mich mehr geärgert.“ Trotzdem haderte Neuner besonders mit ihrer ersten Schießeinlage.

Im Liegendanschlag, eigentlich ihre Stärke, unterliefen ihr zwei Fehler. „Danach war ich wirklich frustriert und auch im Kopf nicht mehr so motiviert.“ Stehend traf sie dann zwar alle fünf Scheiben, doch im Liegen zielte sie noch einmal vorbei, und im letzten Anschlag musste sie sogar drei weitere Fehler hinnehmen. Danach ging es ihr nur noch darum, das Privatduell mit ihrer größten Rivalin Darja Domratschewa zu gewinnen. Die weißrussische Verfolgungsweltmeisterin schoss ebenfalls sechsmal vorbei. Weil sie aber etwas langsamer als Neuner in der Loipe war, kam die 25-Jährige mit 14 Sekunden Rückstand auf die Doppel-Olympiasiegerin auf Platz 25.

Viele Fehler beim Schießen

Überhaupt warf das Schießen viele Favoritinnen zurück, und ebenso alle vier deutschen Starterinnen. Andrea Henkel war mit vier Fehlern und Rang 20 noch die Beste aus der Mannschaft der Gastgeberinnen. Miriam Gössner wurde 36. mit fünf Fehlschüssen, und Tina Bachmann musste sogar sieben Fehler und Platz 48 hinnehmen. Wie bei Neuner war auch bei ihren Teamkolleginnen gleich das erste Schießen ausschlaggebend. Henkel schoss zweimal daneben, ebenso Bachmann, Gössner traf eine Scheibe nicht.

„Das erste Schießen hat uns das Rennen verhagelt“, sagte der Disziplintrainer Gerald Hönig. Und weil es bei den vier Deutschen eine spezielle Vorgeschichte dazu gab, übte er auch Kritik an ihnen. Denn Hönig und seine Kollegen hatten ihre Biathletinnen vorher auf der Strecke darauf hingewiesen, dass sich die Windverhältnisse am Schießstand im Vergleich zum Einschießen verändert hatten. Statt Wind von links war es fast windstill, oder es wehte ein kleines Lüftchen von rechts.

Einstellungen korrigieren

„Wir vertrauen in so einer Situation auf den Ausbildungsstand unserer Athleten“, sagte Hönig. Normalerweise hätten sie also ihre Einstellung am Diopter, der Visiereinrichtung des Gewehres, korrigieren müssen, damit der Winkelfehler beim Zielen kleiner wird. „Doch sie haben entweder zu wenig oder gar nicht reagiert“, betonte Hönig. „Sie haben es wohl unterschätzt, oder sie waren nicht konzentriert. Das haben wir uns anders vorgestellt.“

Weil alle vier nach dem ersten Schießen das Rennen mit einer großen Hypothek fortsetzen mussten, stieg der Druck im weiteren Verlauf umso mehr. „Eigentlich war es nach meinen zwei Fehlern bereits vorbei“, sagte Henkel. „Man nimmt das einfach mit. Und das nervt.“ Doch während die 34-Jährige zugab, falsch gehandelt zu haben, wollte Neuner nicht alle Schuld auf sich nehmen. „Die Trainer haben vor dem Start einen nervösen Eindruck gemacht, und das überträgt sich dann vielleicht auch etwas auf die Athleten“, sagte sie.

Angespannt gewirkt

Überhaupt wirkte die dreifache Medaillengewinnerin von Ruhpolding etwas angespannter als in den Vortagen. Nach dem Rennen sprach sie davon, dass sie heute etwas Abstand vom WM-Rummel suchen wolle: „Ich lege einen Urlaubstag ein, werde die Waffe im Zimmer lassen und abseits der Arena etwas Langlaufen, um dem ganzen Trubel aus dem Weg zu gehen.“

Wirklich frustriert war Neuner nach ihrer schlechtesten Saisonplatzierung dann doch nicht. Sie hob hervor, dass ihr vor Domratschewa die schnellste Laufzeit gelungen war. Und sie betonte: „Ich weiß, dass ich es richtig gut kann.“