Noch ist die Affäre um Abrechnungen nicht aufgeklärt, da zieht der Flughafen schon Konsequenzen: die Entgelte werden neu geregelt, mögliche Anreize für Fluggesellschaften transparent ausgewiesen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Aus den Zweifeln an Abrechnungen mit Airlines will der Flughafen Stuttgart schon jetzt Konsequenzen ziehen. Man plane eine neue Entgeltordnung, „die besonders den Prinzipien Transparenz und Diskriminierungsfreiheit verpflichtet sein wird“, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) als Chef des Aufsichtsrates unserer Zeitung. Darin würden auch die Ergebnisse der laufenden rechtlichen Bewertung einfließen.

 

Hermann lässt derzeit von unabhängigen Experten untersuchen, ob bei der Abrechnung mit Fluggesellschaften alles rechtens zuging. Zweifel waren von der neuen Geschäftsführerin Arina Freitag an ihn herangetragen worden. Der langjährige Airport-Chef Georg Fundel hatte hingegen betont, die Geschäfte seien regelmäßig überprüft und nie beanstandet worden.

Aufsichtsrat und Geschäftsleitung seien sich einig, den Manfred-Rommel-Airport „als erfolgreichen Europaflughafen mit guter Servicequalität und hoher Pünktlichkeit für die Kunden zu positionieren“, sagte Hermann. Mit Blick auf Umwelt- und Klimaschutz wolle man „keine schnelles, sondern qualitatives Wachstum“. Die neue Entgeltordnung sehe daher auch „Anreize für lärmarmes Fluggerät und höhere Kosten in den Früh- und Abendstunden“ vor.

Neue Entgeltordnung

Zuletzt waren die Tarife, die vom Land genehmigt werden müssen, zum Jahr 2014 geändert worden. Damals wurden erstmals lärmabhängige Gebühren eingeführt. Die von Land und Stadt getragene Flughafengesellschaft teilte mit, man reagiere auf eine anstehende Prüfung durch die EU und eine „sich womöglich ändernde rechtliche Situation“. Beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ist derzeit die Frage anhängig, inwieweit die deutschen Regeln mit EU-Recht vereinbar sind. Dabei geht es zum einen um Klagemöglichkeiten der Airlines, zum anderen um die Frage, ob die Entgelte nur eine Obergrenze darstellen und beliebig unterschritten werden dürfen.

Vor diesem Hintergrund habe der Flughafen in den vergangenen Monaten „ausführliche Konsultationen mit den Fluggesellschaften und deren Verbänden“ geführt, hieß es. Das Ergebnis sei eine neue Entgeltordnung, die auch „Incentivierungsmodelle“ umfasse, also die bisher oft umstrittenen Anreize. Diese liege dem Verkehrsministerium zur Genehmigung vor.

Rechtliche Lage könnte sich ändern

Aufsichtsratsvize beim Flughafen ist Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne). Er wollte sich zu der Sonderprüfung auf Anfrage nicht äußern. Der Chef der Landtags-FDP, Hans-Ulrich Rülke, forderte Hermann auf, rasch Klarheit zu schaffen. „Ein Erfolg des Flughafens Stuttgart aufgrund unsauberer Geschäfte ist nicht akzeptabel“, sagte er. Aus gutem Grund gebe es Regeln, um einen „absurden Wettbewerb“ per Dumping zu vermeiden. Für die SPD-Fraktion forderte der Verkehrsexperte Martin Rivoir, der Minister solle demnächst im Verkehrsausschuss über den Stand der Prüfung berichten; immerhin laufe diese schon ein halbes Jahr.

Opposition dringt auf Aufklärung