Seine Ausnahmestellung als Choreograf hat Marco Goecke beim Abend „Die Fantastischen Fünf“ ein vorerst letztes Mal für das Stuttgarter Ballett unter Beweis gestellt. Von Januar an rückt er näher mit Eric Gauthier zusammen.

Stuttgart - Gute Nachrichten für die Fans Marco Goecke in der Stadt: Der Haus-Choreograf des Stuttgarter Balletts, der zum Ende der Spielzeit auf Wunsch des neuen Intendanten Tamas Detrich seinen Posten räumen muss und im nächten Jahr Ballettchef am Staatstheater in Hannover wird, bleibt langfristig Stuttgart verbunden. Zu verdanken ist dies dem Engagement des Theaterhauses. Vom 1. Januar 2019 an wird Marco Goecke Artist in Residence der hauseigenen Kompanie Gauthier Dance.

 

Die außergewöhnliche Kunst Goeckes war jüngst beim Ballettabend „Die fantastischen Fünf“ im Stuttgarter Schauspielhaus ein vorerst letztes Mal auf der Bühne des Stuttgarter Balletts zu erleben. Dass ein Solitär wie Marco Goecke nicht lange auf der Straße liegt, war klar. „Er ist einer der wenigen wirklich großen Künstler, die ich kenne“, sagt Eric Gauthier und erklärt die neue Zusammenarbeit wie folgt: „Marco Goecke hat mit seinem abendfüllenden Stück ,Nijinski’ viele Türen für Gauthier Dance geöffnet. Diese Produktion hat international für viel Aufmerksamkeit gesorgt und uns auf einen guten Weg gebracht.“ Als Beispiel nennt er das Gastspiel von Gauthier Dance mit eben dieser Produktion im Haus der Berliner Festspiele im Januar dieses Jahres. Den drei ausverkauften Abenden folgte eine erneute Einladung der Stuttgarter Kompanie, beim nächsten Mal wird Gauthier Dance mit „Mega Israel“ in die Hauptstadt reisen.

Achte Duette von acht Star-Choreografen

„Ich schätze Marco Goecke sehr, er ist ein toller Künstler, er lebt in Stuttgart, die Tänzer lieben die Zusammenarbeit mit ihm: das passt alles!“, freut sich Eric Gauthier über den Coup. Für die nächste Gauthier-Premiere „Grandes Dames“ ist Marco Goecke schon seit Längerem mit einer Hommage an Pina Bausch im Boot. Als Artist in Residence wird er dann in der nächsten Saison an zwei Abenden das Repertoire von Gauthier Dance bereichern: Am 16. März 2019 soll „Deuces“ acht Duette von acht Choreografen versammeln. Marco Goecke ist ebenso darunter wie andere große Namen der Tanzszene. Stolz spricht Eric Gauthier über sein Konzept. „Die Tänzer reisen zu jedem Choreografen, um in den dort entstehenden Pas de deux auch etwas von der Atmosphäre des jeweiligen Ortes mitzubringen. Für zwei Monate wird Gauthier Dance wie eine große unterwegs Karawane sein.“ Zu Rui Horta nach Portugal, zu Barak Marshall nach Tel Aviv, Nacho Duato und Richard Siegal nach Madrid, Eduard Lock nach Montreal, Ed Wubbe nach Rotterdam und Mauro Bigonzetti nach Italien geht die Reise. Bei der Rückkehr wird „Deuces“ dann das Theaterhaus mit acht Uraufführungen zum Hotspot der internationalen Tanzszene machen.

Mit dabei ist Marco Goecke auch bei den „Classy Classics“, mit denen Gauthier Dance am 27. Juni 2019, wie der Titel ankündigt, stilvoll die dritte Ausgabe des Festivals Colours eröffnen wird. Neben seinem Solo „Äffi“ stehen dann der Gauthier-Klassiker „Mala Sangre“ von Cayetano Soto, ein Duett aus Forsythes „Herman Shmerman“, Ohad Naharins „Deca Dance“ in einer neuen Version und Gauthiers „Orchestra of Wolves“ in größerer Besetzung auf dem Programm.

Vertagt: Gauthiers Bühnenabschied

Vor sich haben Eric Gauthier und seine Kompanie 2018/19 eine an Arbeit und Tourneen intensive Saison. Zum Glück fühlt sich der Kompaniechef fit wie schon lange nicht mehr. Das hat mit seiner Rückkehr auf die Bühne zu tun – die zwar als Abschied von der aktiven Tänzerlaufbahn gedacht war, sich aber nun als Neustart entpuppt: Gauthiers Solo „The Gift“, das Itzik Galili für ihn schuf, ist so erfolgreich, dass Vorstellungen und Gastspiele für die nächsten zwei Jahre in Planung sind; Einladungen gibt es aus Tel Aviv, Madrid, Belgrad und anderen Städten.

Sag niemals nie – diese Wahrheit hat Eric Gauthier nicht nur mit Blick auf seinen vorerst vertagten Bühnenabschied gelernt. Sie gilt auch für „Don Q.“, die von Christian Spuck für Egon Madsen und Eric Gauthier choreografierte Tanzbegegnung, die eigentlich als abgespielt galt – bis die beiden durch die kurzen, für Madsens-Geburtstagsgala im Mai neu hervorgeholten Szenen wieder Lust aufs Ganze bekamen. Im September und Oktober, wenn Gauthier Dance auf Tournee in Kanada ist, tun die beiden Tanzsenioren sich zusammen und schauen, was noch geht; im November begleitet Christian Spuck für zwei Wochen die Endproben und passt das Stück dem reiferen Alter seiner beiden Protagonisten an.

Viel Neues also bei Gauthier Dance. Wie manche Menschen in der Stadt auf die Idee kommen, dass er sich nicht nur von der Bühne, sondern samt Kompanie aus Stuttgart verabschieden wolle, kann Eric Gauthier deshalb überhaupt nicht nachvollziehen. „Mein Vertrag läuft bis 2023“, sagt der Kanadier – spätestens dann will er das neue Tanzhaus einweihen.